BERLIN. Der türkische Ministerpräsident, Recep Tayyip Erdogan, hat die deutschen aufgefordert, die hier lebenden Türken als Bereicherung zu sehen. „Das türkische Volk sieht das deutsche Volk immer noch mit sehr positiven Gefühlen“, sagte Erdogan der Bild, „deswegen sollte Deutschland mit der Türkei viel mehr Solidarität zeigen“.
Der deutschen Politik warf er vor, die „Verflechtung der drei Millionen Türken in Deutschland“ nicht genug zu würdigen. Künftig müßten die Deutschen deswegen mehr für die Türkei tun. So forderte der AKP-Politiker die deutsche Politik auf, sich stärker für einen EU-Beitritt des vorderasiatischen Staates zu engagieren.
Zudem müsse die Bundesregierung die doppelte Staatsbürgerschaft einführen. Schließlich empfänden die Türken „viel Positives“ für Deutschland: „Natürlich würde ich es vorziehen, wenn alle drei Millionen doppelte Staatsbürger sein könnten“, sagte der Ministerpräsident. Deswegen sollte die Bundesrepublik auch ihre Einwanderungsregeln deutlich lockern. Daß Deutschkenntnisse Voraussetzung für Türken seien, die in der Bundesrepublik leben wollten, verletze außerdem die Menschenrechte.
Großes Lob für Bundespräsident Wulff
Ausdrückliches Lob gab es für Bundespräsident Christian Wulff. Dieser habe mit seinen Satz, der Islam gehöre zu Deutschland, endlich die Tatsachen benannt, betonte der islamische Politiker. „Es leben fünf bis sechs Millionen Muslime in Deutschland. Sie gehören zur Realität Deutschlands.“ Genauso sage er, daß auch die Christen und Juden in der Türkei zu seinem Land gehörten, bekräftigte Erdogan.
Angesichts der Sorgen vieler Deutscher vor einer Islamisierung, riet der türkische Politiker, die Menschen müßten mit Unterschieden leben und diese auch zu akzeptieren lernen. Trotzdem seien die türkischen Staatsbürger in Deutschland loyal und offen. „Dies ist in unseren Genen.“
Erdogan wird am Mittwoch anläßlich des 50. Jahrestages des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in Berlin empfangen und wird dort an einer Feierstunde teilnehmen.(ho)
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Einen Bericht zu den Feierlichkeiten des Anwerbeakommens lesen sie in der Ausgabe 46/11