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Filmkritik: Das Boot 2.0

Filmkritik: Das Boot 2.0

Filmkritik: Das Boot 2.0

Filmkritik
 

Das Boot 2.0

Am 12. September 1942 versenkte ein deutsches U-Boot den britischen Hilfskreuzer Laconia. Nach dem Untergang retteten mehrere deutsche und italienische U-Boote die Überlebenden und wurden dabei von britischen Bombern angegriffen. Die Verfilmung, die am 2. und 3. November in der ARD zu sehen ist, verzichtet dabei auf die üblichen deutschfeindlichen Klischees.
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Die „andere“, wenig erzählte bis unterschlagene Geschichte des Zweiten Weltkriegs mit ihren deutschen Opfern und „guten“ Deutschen kommt bekanntlich in der nazischurken gesättigten internationalen Filmproduktion zu kurz. Seit etwa 2005 hat jedoch zumindest das deutsche Fernsehen immer wieder liegengelassene und zum Teil „tabuisierte“ Stoffe wie Vertreibung und Bombenkrieg aufgegriffen – mit recht hohen Zuschauerquoten, künstlerisch aber eher durchwachsenem Ergebnis.

Von „Dresden“ (2006) bis „John Rabe“(2009), von „Die Flucht“ (2007) bis „Die Gustloff“ (2008) und dem Kinofilm „Anonyma – Eine Frau in Berlin“ (2009)kämpften die Drehbuchautoren mit neuen Fragen an die deutsche Identität zwischen einer moderaten Geschichtsrevision und politisch korrekten Vorgaben.

Die Ergebnisse fielen in der Folge zwiespältig bis ärgerlich aus, und so wäre auch gegenüber der neuen deutsch-britischen Coproduktion (mit der BBC) aus der Werkstatt des Geschichtsdrama-Pioniers Nico Hofmann ordentlich Skepsis angebracht. Wer von dem Film „more of thesame“ erwartet, wird jedoch angenehm überrascht werden.

Gut und Böse sind keine Frage der Nationalität

Der Zweiteiler „Laconia“ unter der Regie von Uwe Janson ist zwar konventionell inszeniert, aber zum komplexesten und klügsten Film der Serie geraten. Wiedersteht eine „wahre Geschichte“ im Mittelpunkt: 1942 torpedierte ein deutsches U-Boot einen britischen Truppentransporter. An Bord befanden sich jedoch vorwiegend italienische Kriegsgefangene und zivile Passagiere, darunter Frauen und Kinder.

Kapitän Werner Hartenstein gab den Befehl, die Schiffbrüchigen zu bergen. Mehrere hundert Menschen konnten so gerettet werden. Dies geschah unter hohem Risiko für seine eigene Mannschaft– trotz gehisster Rotkreuzfahnen bombardierten später alliierte Flugzeuge das U-Boot mitsamt den Geretteten.

Admiral Dönitz sandte zwar Boote zur Unterstützung und verlieh nachher Hartenstein das Ritterkreuz, erließ aber auch im Anschlußden sogenannten „Laconia-Befehl“, der weitere Rettungsaktionen dieser Art untersagte. Jansons „Laconia“ bemüht sich um den Nachweis, daß Gut und Böse, Feigheit und Mut, ethisches und unethisches Handeln keine Fragen der Nationalität sind: Da kommt es etwa auch vor, daß polnische Soldaten auf seiten der Briten italienische Kriegsgefangene foltern oder amerikanische Piloten Bomben auf schiffbrüchige Verbündete werfen.

Auch Admiral Dönitz wird differenziert dargestellt

Diesen Grauzonen gewinnt der Film viele Pointen ab, macht aber zugleich auch deutlich, wie sehr alle Beteiligten in die unerbittliche Logik einer eskalierenden Kriegsführung verstrickt sind. Das gilt selbst für den späteren Angeklagten von Nürnberg, Admiral Dönitz, der von Thomas Kretschmann verblüffend differenziert dargestellt wird. Krieg ist eben Krieg, und die jungen amerikanischen Soldaten jubeln ebensowie ihre deutschen Pendants, wenn sie den Feind getroffen haben, ohne dabei nur eine Sekunde an die vernichteten Menschenleben zu denken.

Im Zentrum steht natürlich wieder ein deutsches Identitätsproblem: Franka Potente spielt Hilda, eine deutsche Widerständlerin halbbritischer Abstammung, die es auf der Flucht vor der Gestapo nach Kairo verschlagen hat, wo sie auf der Laconia eingeschifft wird.

„Vergiß nicht, daß du ein Deutscher bist“

Ähnlich wie Maria Furtwängler in „Die Flucht“ hat sie die Rolle einer „Anklagedeutschen“, deren Aufgabe die Anprangerung des NS-Regimes ist. Diese konfrontiert der Film nun fast schon symbolisch mit einem Deutschen, der weder Widerständler noch Ankläger, sondern,wie es heißt, „Soldat des Dritten Reichs“ ist, darüber hinaus aber unzweifelhaft auch ein Held mit unbestechlichem menschlichem Anstand. Sein Heldentum wird ohne Wenn und Aber in Szene gesetzt: der von Ken Duken überaus anziehend gespielte Kapitän Hartensteingerät zum würdigen Nachfolger von Jürgen Prochnows legendärem „Kaleu“ aus „Das Boot“.

In der Tat wird die gesamte Besatzungdes U-Bootes durchweg sympathisch dargestellt, sogar der laut Presseheft „stramme Nationalist“ Rostau (Matthias Koeberlin), dessen privates Fähnchen mit schwarz-weiß-rotem Wappen und der Aufschrift „Vergiß nicht, daß Du ein Deutscher bist“ sowohl an Hartenstein als auch an Hilda wie den Zuschauer selbst eine Frage richtet, die offen bleibt und ausnahmsweise nicht nach üblichen Mustern abgehandelt wird.

Verglichen mit dem ebenfalls von Nico Hofmann produzierten Desaster „Dresden“, das in guter nationalmasochistischer Manier ausgerechnet einen britischen Kriegsgefangenen in den Mittelpunkt stellte, ist „Laconia“ein erfreulicher Fortschritt. Das mag vielleicht daran liegen, daß diesmal der Drehbuchautor ein Engländer ist – der 1946 geborene Alan Bleasdale hat seinen Stoff mit Sinn für Fairplay und Respektfür die Soldaten des ehemaligen Kriegsgegners aufbereitet, die man so menschlich, ja sogar heroisch, schon lange nichtmehr gesehen hat.

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Laconia. 2./3. November, um 20.15 Uhr, ARD

> www.laconia-der-film.de

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