Baden-Württembergs neue Sprachpolitik erscheint auf den ersten Blick widersprüchlich. An einigen Stellen schmälert die Landesregierung die Bedeutung der deutschen Sprache, an anderen stärkt sie das Deutsche. Auf den zweiten Blick klärt sich dieser Widerspruch auf, denn die Zielgruppe der neuen Sprachpolitik ist nicht die Allgemeinheit. Statt dessen ist sie einseitig auf Einwanderer ausgerichtet.
Deutsch in der Grundschule gestärkt
So erfreut den Sprachschützer die Nachricht, daß das Kultusministerium ein Erbe des ehemaligen Ministerpräsidenten Günter Oettinger verwirft. Dieser hatte vor über fünf Jahren getönt: „Deutsch bleibt die Sprache der Familie, der Freizeit, die Sprache, in der man Privates liest, aber – Englisch wird die Arbeitssprache. … Deswegen haben wir in Baden-Württemberg, ab der Grundschule, 1. Klasse, Englisch eingeführt.“
Anfang August kündigte nun Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) in der Frankfurter Allgemeinen an, Grundschulenglisch in der ersten und zweiten Schulklasse zugunsten von Deutsch und Mathematik wieder abzuschaffen: „Wir werden die Klassen 1 und 2 wahrscheinlich ausklammern, denn viele weiterführende Schulen sagen, daß der Fremdsprachenunterricht in der Grundschule nur wenige positive Auswirkungen auf das Sprachverständnis hat, oder sogar negative.“ Hintergrund ist der Bericht eines „Expertenrats“. Dieser bemängelt, daß vor allem Einwandererkinder Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache haben. Statt sie mit einer weiteren Fremdsprache zu überfordern, sollten sie sich erst einmal mit der deutschen Sprache vertraut machen.
Türkischsprachige Polizisten sollen schlechtes Deutsch sprechen dürfen
Kopfschütteln löst hingegen das Vorhaben des baden-württembergischen Innenministeriums aus, die Anforderungen an die Deutschkenntnisse für angehende Polizisten herabzusetzen, um mehr Einwanderer dienen zu lassen. Innenminister Reinhold Gall (SPD) möchte auch Bewerber zulassen, die den Deutsch-Test nicht bestehen, berichtet der neueste Focus. Serbisch- oder Türkischkenntnisse könnten statt dessen mangelnde Deutschkenntnisse ausgleichen.
Ein Scherzbold schlug daraufhin vor, die Polizei solle auch ihre Übungszielscheiben vergrößern, da nicht alle Bewerber so gut träfen. Tatsache ist: Die Qualität der Polizei soll aus politischen Gründen gesenkt werden, nur um den Anteil der Polizisten mit nichtdeutschen Vorfahren zu erhöhen.
Ulm will amerikanisch werden
In Ulm überlegen unterdessen Vertreter der Stadt, der Wirtschaft und der Wissenschaft, wie sie die Stadt noch „internationaler“ machen können, das heißt amerikanischer. Das geht aus einem Bericht der Augsburger Allgemeinen von Ende Juli hervor. Professor Karl Joachim Ebeling, Präsident der Universität Ulm, wünscht sich zum Beispiel ein „Welcome-Paket“ für ausländische Studenten, die Umbenennung von Plätzen und historischen Orten auf englisch, sowie englischsprachige Artikel in der örtlichen Presse.
Ohnehin biete die Universität bereits sieben Masterstudiengänge in englischer Sprache an. Dabei kommen nur zwölf Prozent der Ulmer Studenten aus dem Ausland, in den seltensten Fällen ist Englisch deren Muttersprache. Dennoch fordert Professor Klaus-Peter Kratzer, Prorektor der Hochschule Ulm, von der Stadt ein Kulturangebot in englischer Sprache für ausländische Studenten. Der Puertoricaner Carlos Sanchez, Standortleiter im Ulmer Forschungs- und Entwicklungszentrum von Nokia, wünscht sich für seine Mitarbeiter englischsprachige „Communities“ als Treffpunkte und englischsprachige Informationen der Ulmer Schulen.
Deutsch muß die Leitsprache sein
Daß sich die baden-württembergische Sprachpolitik einseitig an den Deutsch-Schwächen der Einwanderer ausrichtet, zeigt, wie angreifbar die Stellung der deutschen Sprache nach wie vor ist. Erst wenn selbstverständlich ist, daß die deutsche Sprache für die Allgemeinheit zu schützen ist, daß sie Kultur und Identität gibt, wird die Sprachpolitik auf einer gesunden Grundlage stehen. Deutsch muß die unangefochtene Leitsprache in Deutschland sein.