Die Nachfolgende Rede hielt der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann während des „Konservativen Kongresses“ der Aktion „Linkstrend stoppen“ am 7. Mai 2011 in Berlin.
Sehr geehrte Damen und Herren,
zwei Gründe sind es, die mich nach Berlin geführt haben. Der erste Grund ist Rechtsanwalt Siebeke. Ich bewundere seinen scharfen Intellekt, seinen Mut und seine Beharrlichkeit. Ich verneige mich vor Ihnen als Persönlichkeit, verehrter Herr Siebeke. Ich bin Ihnen sehr dankbar für die Unterstützung in schwerer Zeit. Sie haben es nicht beim guten Rat belassen, sondern Sie haben tatkräftig geholfen, um Hindernisse auf dem langen „Rechtsweg“ bis zum Bundesverfassungsgericht wegzuräumen.
Sehr dankbar bin ich natürlich auch für Ihre Energieleistung, den „Fall Hohmann“ – jetzt mit dem Untertitel „Ein deutscher Dreyfus“ in dritter Auflage als Initiator und Co-Autor auf den Weg gebracht zu haben. Schonungslos und klar haben Sie in der Neuauflage die Mängel der ergangenen Urteile aufgezeigt. Der zweite Grund ist das Anliegen, das Rechtsanwalt Siebeke und viele von uns umtreibt. Der Linkstrend. Der hat in unserem Land und leider auch in der CDU beängstigende Fortschritte gemacht. Viele treue CDU-Wähler verstehen die Welt vielleicht noch, die CDU aber nicht mehr. Dieses politische Unbehagen schafft wachsende Distanz zur einst mit Freude unterstützten, ja sogar geliebten Partei. Es irritiert viele und bewirkt Resignation.
Den Linkstrend stoppen, lieber Herr Siebeke, das ist auch mein Anliegen. Zu viele Jahre sind es gewesen, in denen man mit Engagement und Herzblut für die Partei und das Gemeinwesen gearbeitet hat. Zu viele Mitstreiter hat man kennen- und schätzen gelernt. Gerade auch auf den unteren Ebenen erlebte man viel uneigennütziges Engagement von anständigen und fleißigen Menschen. Sie stellen eine positive Auslese dar. Mit ihnen arbeiten zu dürfen, sich mit ihnen auszutauschen, gemeinsam Erfolge zu haben und zu feiern, das waren schöne Erfahrungen. Ich werde sie nicht vergessen.
Es kamen nur positive Reaktionen
Die positive Erfahrung gemeinsamer Arbeit und menschliche, auch kameradschaftliche Bindungen führen mich zu Reinhard Günzel, Brigadegeneral a.D., zuletzt Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte.
Aus kameradschaftlicher und schicksalhafter Verbundenheit heraus fühle ich mich verpflichtet, seinen schäbigen Rauswurf heute bei meinem seit Jahren ersten Auftritt in Berlin anzusprechen. Es ist kaum zu fassen, wie ein verdienter Mann ohne echte Möglichkeit zur Verteidigung als Spielfigur im politischen Machtkampf mißbraucht wurde. Was war geschehen? Ich hatte meine Rede zum 3. Oktober 2003 einigen Bekannten und politischen Freunden zugeschickt. Es kamen nur positive Reaktionen, unter anderem die von General Günzel.
Dann hat ein deutscher Informant die Rede im Internet entdeckt, wo sie der Vorsitzende der Neuhöfer CDU auf seinen Wunsch hin eingestellt hatte. Der Informant gab sie an das Internet-Portal haGalil weiter, von dort wurde sie an den Rundfunk und den Bundestag gesteuert. Am 30. Oktober 2003 gab ich dem Hessischen Fernsehen ein Interview, abends kam eine Meldung in der Tagesschau an vierter Stelle. Wenig später, in den Tagesthemen, wurde über die Rede an erster Stelle berichtet.
Auf der Tagesschau-Internetseite lautete die Schlagzeile wahrheitswidrig: „CDU-Abgeordneter nennt Juden Tätervolk“. Sie erinnern sich, der Kernsatz meiner Rede besagte das genaue Gegenteil: „Weder ‘die Deutschen’ noch ‘die Juden’ sind ein Tätervolk“.
Ich spürte, es wird eng für mich
Der falsche Vorwurf, ich hätte Juden als Tätervolk bezeichnet, griff rasend schnell um sich. Alles wirkte wie eine gesteuerte Kampagne. Der Vorwurf wurde in den Medien offensichtlich ungeprüft und ganz überwiegend eins zu eins übernommen – und zwar auch in die Schlagzeilen. Ich spürte, es wird eng für mich. Da bot sich ein ZDF-Redakteur telefonisch an, das zu senden, was ich wirklich gesagt hatte. Ich sah in dem Angebot wenn nicht eine Rettungsmöglichkeit, so doch ein Gegengewicht zu den lawinenartigen Falschmeldungen.
Entgegen der von mir geforderten ausdrücklichen Zusage der Vertraulichkeit wurde von hinten über meine Schulter der Briefkopf von General Günzel gefilmt, während ich gutgläubig Textpassagen unter bewusster Aussparung von Namen und Dienststellung aus dem Brief vorlas. Mein Entsetzen und meine Enttäuschung waren riesengroß, als ich erfuhr, daß General Günzels Zustimmungsbrief im ZDF gesendet werden sollte. Meine hiergegen gerichtete Intervention blieb erfolglos.
Es setzte nun ein Vorgang ein, dessen primitives, parteipolitisches Strickmuster erst jetzt im Nachhinein ganz deutlich wurde. Der damalige Verteidigungsminister Peter Struck erkannte, daß ihm mit dem zustimmenden Brief von General Günzel ein Hebel in die Hand gegeben war, den Druck auf die CDU und Angela Merkel in der causa Hohmann zu erhöhen. Als Informationsbasis für die Entlassung von General Günzel reicht ihm genau die Schlagzeile der ARD: CDU-Abgeordneter bezeichnet Juden als „Tätervolk“.
Woher ich das weiß? Aus erster Hand. Peter Struck selbst schreibt es in seinem neuesten Buch. Das muß man sich vorstellen, ein Soldat dient mit vollem Einsatz und mit großem Erfolg fast 40 Jahre unserem Land. Dann reicht eine Falschmeldung als Schlagzeile aus, um ihn „wie einen Hund vom Hof“ zu jagen. Struck bezeichnet ihn nämlich auch noch als „verwirrten General“ und es wird auch dafür gesorgt, daß in der Entlassungsurkunde des Bundespräsidenten der übliche Passus des Dankes für treues Dienen gestrichen wird. Minister Struck mußte rechtlich gesehen gar keine Begründung für die Entlassung von General Günzel angeben. Nun aber hat er nachträglich seine Faktenbasis offenbart, hat eine Begründung angegeben und es ist eine falsche. Mit Verantwortung für das Wohl und Wehe von anvertrauten Menschen hatte Strucks Verhalten nichts zu tun.
Nachprüfen war gestern, heute reicht das Vorurteil
Ich habe meinen Rechtsanwalt gebeten von Peter Struck eine Unterlassungserklärung zu erwirken. Peter Struck hat diese Unterlassungserklärung abgegeben und sich gleichzeitig zu einer Geldzahlung verpflichten müssen, sollte er dagegen verstoßen. In der Neuauflage von Strucks Buch darf diese Passage so nicht mehr erscheinen. Nebenbei gesagt – solche Unterlassungserklärungen habe ich praktisch gegen alle großen Zeitungen, WDR, ARD und viele Privatpersonen erwirkt.
Ich meine es wäre an der Zeit, daß sich Ex-Minister Struck bei General Günzel entschuldigt und daß er auf Günzels Rehabilitierung hinwirkt. Diese Verpflichtung folgt aus den Grundsätzen des Beamtenrechts und des Soldatengesetzes. Sie entspricht aber auch dem, was man in unserem Land lange als Anstand kannte. General Günzel habe ich über die erfolgreiche Abmahnung informiert. Er will von sich aus aber nichts mehr unternehmen.
Der Fall steht symptomatisch für zwei Dinge. Erstens: im Zweifel siegt der parteitaktische Vorteil über den menschlichen Anstand. Zweitens: Zumindest in wichtigen Angelegenheiten selbst nachlesen, sich eine tragfähige und umfangreiche Faktenbasis zu verschaffen, ist offensichtlich aus der Mode gekommen. Es gehört nicht mehr zu den Pflichten eines Politikers. Nachprüfen war gestern, heute reicht das Vorurteil.
Nach diesem traurigen Lehrstück gegenwärtiger Politikkultur eine Überleitung, die uns in medias res führt. Es war das Frühjahr 2002 als die hessische CDU ihren Parteitag zur Aufstellung der Kandidaten für die Bundestagswahl am 22. September 2002 durchführte. Alle Delegierten sollten ein Informationsblatt als Tischvorlage erhalten. Darin sollte unter anderem über jeden hessischen CDU-Bundestagskandidaten ein Kurzporträt enthalten sein. Samt den Erfolgen und den geplanten Schwerpunkten ihrer politischen Arbeit.
Für Gott und Vaterland
Mein Mitarbeiter hatte mich wiederholt gedrängt, das Kurzportrait zu entwerfen. Am Abgabetag verhinderten Streß und übervoller Terminkalender ein langatmiges und ausgeklügeltes Formulieren. Ich bat meinen Mitarbeiter: Schreiben Sie in der Spalte Schwerpunkt der politischen Arbeit kurz und bündig: Für Gott und Vaterland. Was auch der Zeitnot geschuldet war, erschien dann genau in dieser Kürze in dem Informationsblatt für die Parteitagsdelegierten: Hohmann – für Gott und Vaterland. Zugegeben diese Sentenz war etwas gewagt und wirkte wie ein Rekurs auf kaiserliche Zeiten als Gott und Vaterland noch hoch im Kurs standen.
Beim Parteitag selbst hatte der Senior der hessischen CDU-Abgeordneten, Ex-Forschungsminister Professor Heinz Riesenhuber die Aufgabe der öffentlichen Kandidatenvorstellung. Ich war sehr gespannt auf seinen Hohmann-Beitrag. Sie glauben nicht, mit welcher eingängigen und geneigten Art Riesenhuber ein Kurzreferat zu Gott und Vaterland als Aufgabe eines Abgeordneten – speziell aus der Bischofsstadt Fulda – hielt.
Aber sollte es für einen christlichen Bundespolitiker nicht ganz selbstverständlich sein, seine Arbeit unter dem Leitwort für Gott und Vaterland zu sehen? Später habe ich noch „Familie“ hinzugefügt. Nach meiner Überzeugung ist die Trias Gott – Familie – Vaterland der Schlüssel zur Wiedergesundung nicht nur der CDU, sondern unseres ganzen Landes. Daher, wie auch politische und weltanschauliche Moden wechseln mögen, ich stehe dazu, ich bleibe dabei: Gott – Familie – Vaterland.
Das mag altmodisch, vielleicht sogar fundamentalistisch klingen. Mit dem gleichen Einwand müßte man dann gegen unser Grundgesetz kämpfen, heißt es doch in der Präambel, der geistigen Basis des Grundgesetzes: „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen […] hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“ Unser Grundgesetz beginnt also mit einer so genannten nominatio dei, es enthält einen Gottesbezug.
Der war den Autoren des Grundgesetzes keine leere Worthülse, sie hatten vielmehr erfahren, welche Verheerungen gottlose Systeme im letzten Jahrhundert angerichtet hatten. Man kann den Gottesbezug daher getrost als Leitbegriff des Grundgesetzes sehen. Und fundamentalistisch? Nun, wenn augenscheinlich Gefahr für die Verankerung des Gebäudes im Boden, also für die Fundamente unseres Gemeinwesens besteht, dann ist es Aufgabe, die Fundamente zu sanieren, sie wieder so tragfähig zu machen, daß sie dem ganzen Gebäude, auch in stürmischen Zeiten, sicheren Halt geben. Insofern nehmen Sie bitte die folgenden Anmerkungen als Versuch unsere ideologische Basis wieder ins Bewusstsein zu heben und zu stärken.
Dazu gehört beispielsweise der uneingeschränkte Schutz des Lebens, des werdenden und des Lebens älterer und kranker Menschen. Die Autoren des Grundgesetzes waren sich sicher diesen Schutz in Artikel 1 unverrückbar festgeschrieben zu haben. Art. 1 Abs. 1 lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“. Meine sehr geehrten Damen und Herren, führen Sie jetzt bitte auf der einen Seite diese absolut klare Verfassungsnorm vor ihr geistiges Auge und halten Sie auf der anderen Seite die heutige Abtreibungspraxis unseres Landes dagegen.
Abtreibung – gesetzlich geregelt, staatlich befürwortet und gelenkt und aus Steuergeldern und Zwangsbeiträgen finanziert. Ein Kontrast, wie er größer nicht sein könnte. Und zu alledem haben sich die Union und die meisten ihrer Wähler an die heutige Abtreibungspraxis gewöhnt. Auch die große Mehrheit der politischen Entscheidungsträger der Union hat nicht die geringste Absicht hier etwas zu ändern. Für die anderen im Bundestag vertretenen Parteien ist Abtreibung gar eine Frage des „gesellschaftlichen Fortschritts“, der „Selbstverwirklichung der Frau“ und ein „sozialer Besitzstand“.
Homolobby statt Lebensschutz
Die normative Kraft des Faktischen hat gleichsam einen „Rechtsanspruch“ auf Abtreibung hervorgebracht. So weit sind wir gekommen, das Töten von heranwachsenden Menschen ist völlig legal, also gesetzeskonform und „gesellschaftlicher Fortschritt“. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bezeichnet die Abtreibung einerseits als „rechtswidrig“, andererseits aber „straffrei“. Daß mit der Abtreibung auch noch kräftig Geschäfte gemacht werden, wie Alexandra Lindner eindrucksvoll beschreibt, davon will ich gar nicht reden.
In der Union gibt es nur noch eine kleine, man möchte sagen radikale Minderheit, die sich mit dem Unrecht der Abtreibung nicht abfindet. Die „Christdemokraten für das Leben“ stehen heute aber leider auf ziemlich einsamem Posten in der Union. Es ist noch nicht lange her, da hatten sie bei Parteitagen ihren Stand an herausragender Stelle ganz dicht am Eingang des Sitzungssaales. Heute haben diesen Platz die seit gut zehn Jahren bestehenden LSU erobert, also die Lesben und Schwulen in der Union. Die Christdemokraten für das Leben sind dagegen ziemlich nach hinten „gerutscht“. Faktisch und symbolisch.
Welche Konsequenzen hat die heutige Abtreibungspraxis? Zum einen demographische: seit der Legalisierung der Abtreibung sind in der Bundesrepublik mehr als 6 Millionen Kinder im Mutterleib getötet worden. Ihre Begabungen und die Chancen, die in jedem neuen Leben angelegt sind, fehlen uns. Weiterhin wirtschaftliche: beginnend im Jahr 2015 und dann verstärkt ab den 2020er Jahren wird es einen stetigen wirtschaftlichen Abschwung aufgrund der stark zurückgehenden Bevölkerungszahlen geben. Fachleute sagen eine Dauerrezession voraus, die dann in eine Depression übergehen wird.
Unrecht der Abtreibung muß beendet werden
Und schließlich moralische: Unser Volk ist in einem von vielen noch nicht recht wahrgenommenen moralischen Zwiespalt. Auf der einen Seite sind Folter und Todesstrafe abgeschafft. Auf der anderen Seite werden die absolut Unschuldigen und Schwächsten massenweise zur Tötung freigegeben. Christus sagt „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Matthäus, Kapitel 25). Sind die im Mutterleib heranwachsenden Kinder heutzutage nicht die geringsten Seiner Brüder? Mir läuft es kalt den Rücken herunter, wenn ich an die Konsequenzen denke.
Meine Damen und Herrn, mit der Abtreibung haben wir ein Ungeheuer heranwachsen lassen, das uns eines Tages verschlingen wird. Daueraufgabe aller Christen und der ganzen Union ist es, alles zu tun, dieses Unrecht zu beenden und zunächst ein neues und Unrechtsbewusstsein zu schaffen.
Kommen wir auf einen weiteren, lange Jahre christlich geprägten Kernbereich unserer Verfassung, die Familie. Im Grundgesetz, Art. 6, heißt es: „(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“.
Inzwischen gibt es auch hier grundstürzende Änderungen. Die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft ist eingeführt und an die Bestimmungen über die Ehe weitgehend angeglichen. Übrigens, ein echter Bedarf an Lebenspartnerschaften besteht offensichtlich nicht, es werden nur sehr wenige abgeschlossen. Der bleibende Schaden für das Leitbild der Ehe aber ist immens.
Ehe und Familie brauchen besonderen Schutz
Was ist der tiefere Grund für diese, wie ich meine, absurde Gesetzesänderung? Man dürfe, so heißt es, Homosexuelle nicht diskriminieren, also nicht gegen das Gleichheits- bzw. Gleichbehandlungsgebot verstoßen. Bei der Frage der Diskriminierung wurde allerdings an ein völlig falsches Merkmal angeknüpft. Entsprechend der heutigen „Pansexualisierung“ wurde die Ehe offensichtlich als eine Verbindung angesehen, in der zwei verschiedengeschlechtliche Menschen Sex miteinander haben. Von diesem Denkansatz her ist es nachvollziehbar, auch eine gleichgeschlechtliche Sexualpartnerschaft der Ehe gleichzustellen. Das verkennt aber vollkommen den tieferen Sinn der Ehe.
Ehe und Familie sind nur deswegen gesetzlich privilegiert und unter den besonderen Schutz des Grundgesetzes gestellt, weil sie auf Kinder angelegt sind. Die Gemeinschaft aus Eltern und Kindern braucht einen Schutzraum. Die Familie ist die Regenerationsquelle für den Fortbestand des Staates. Also: nicht auf den Sex kommt es an, sondern auf die Kinder. Homosexuelle aber bekommen auf natürlichem Wege keine Kinder. Daher hätte die gleichgeschlechtliche „Ehe“ mit gutem Grund abgelehnt werden müssen. Man hat aber dem Zeitgeist und dem Druck der Homolobby nachgegeben.
Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, wie ich mit dem Abgeordnetenkollegen Norbert Geis von der CSU im Plenum gegen die rot-grüne Gesetzesvorlage zur gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft kämpfte. Norbert Geis argumentierte scharfsinnig, aber letztendlich erfolglos aus den Bestimmungen des Grundgesetzes heraus. Als das Bundesverfassungsgericht dann dem rot-grünen Projekt der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft seinen Segen gab, wurde mir klar: Das Grundgesetz basiert zwar nach Geist und Buchstaben auf christlichen Vorgaben.
Seine Bestimmungen können jedoch jederzeit umgedeutet und sogar gegen den ursprünglichen Sinn neu interpretiert werden. Das Grundgesetz schützt also nur so weit, wie es die jeweilige parlamentarische Mehrheit will. Wirklichen Schutz bietet nur das Naturrecht oder was wir Christen als Gottes Gebot ansehen. In der Bibel, im Buch Genesis heißt es ganz schlicht und einfach: „Gott schuf den Menschen als sein Abbild; als Mann und Frau schuf er sie. Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch“ (Gen 1, 27 und 28).
Ohne Homosexuelle als Menschen zu diskriminieren: aus diesen Sätzen ergibt sich ganz klar, für Homosexuelle ist die Ehe nicht vorgesehen.
Was können wir als Christen, was kann die CDU in der jetzigen Situation tun? Jeder Christ sollte einerseits Ehe und Familie glaubwürdig leben, andererseits die eben erläuterten Zusammenhänge durchaus offensiv vertreten.
Im Zusammenhang mit dem außerordentlichen Erstarken der Homolobby scheint mir die Warnung angebracht, daß Christen recht bald in erhebliche Schwierigkeiten kommen können, wenn sie den christlichen Standpunkt zu Ehe, Familie und Sexualität darstellen. Die Homolobby wird nämlich nicht aufhören nach weiteren Privilegien zu streben und ihre Lebensweise gegen jegliches Hinterfragen legalistisch abzusichern.
Die Grünen stehen im Kernbereich für eine Kultur des Todes
Abschließend zu diesem Thema noch ein Hinweis: Im ersten Kapitel des Römerbriefes führt Paulus aus, daß Homosexualität eine Folge der Weigerung sei, Gott, der in den Werken seiner Schöpfung erkennbar ist, als Gott zu ehren und ihm zu danken. Homosexualität also eine Folge bewußter und gewollter Gottesferne.
Abtreibung und Homo-Ehe sind für unsere Zukunft als Volk tödlich. Bleibt noch die Frage zu klären, wer heute die engagierten, die stärksten Vertreter dieser tödlichen Ideologie sind. Es sind die Grünen.
Unter dem Vorwand, für Gleichheit zu sorgen, haben die Grünen die sogenannte Homo-Ehe durchgesetzt. Unter dem Vorwand für die „Freiheit“ für Frauen zu sorgen, verteidigen am heftigsten die Grünen die unselige Abtreibung. Dafür setzen sie sich auch gerne in Widerspruch zu einer ihrer Hauptforderungen. In der Natur, bei Kröten und Waldbäumen, bei den Rohstoffen muß es nachhaltig zugehen. Bei den Menschen wird auf Nachhaltigkeit gerne verzichtet. Nachhaltigkeit ist also offensichtlich nur eine Verschleierungsvokabel. Es geht um einen Kulturkampf. Papst Johannes Paul II. hat für eine Kultur des Lebens gekämpft. Die Grünen stehen im Kernbereich für eine Kultur des Todes.
Lassen wir uns auch durch den bürgerlich-bieder daherkommenden Herrn Kretschmann aus Baden-Württemberg nicht täuschen. Als designierter grüner Ministerpräsident hat er soeben einen Koalitionsvertrag mit der SPD abgeschlossen nach dem der Vorrang der Ehe vor anderen Partnerschaftsformen endgültig abgeschafft werden soll. Ebenso ist die gänzliche „Gleichstellung von Lesben, Schwulen, bisexuellen und Transgendern“ fest vereinbart. Dieses Gedankengut soll auch an den Schulen verbreitet werden. Ob das die Wähler in Baden-Württemberg wirklich gewollt haben?
Der Angstpegel steigt
Damit ist zwanglos der Übergang zur Energiepolitik gegeben. Ich will das Thema nur anreißen. Sicherlich wäre es gut, wenn die risikoreiche Energiegewinnung aus Kernkraftwerken ersetzt werden könnte. Es ist aber schlichter und wahrscheinlich unbezahlbarer Unsinn, dies als hochindustrialisiertes Land im Alleingang zu versuchen und die Energielücke aus zugekauftem Atomstrom zu decken. Die Kernkraftwerke hierfür stehen in Frankreich und in Tschechien dicht an den deutschen Grenzen. Frankreich und viele andere europäische Länder planen hingegen den Bau neuer Kernkraftwerke. Stolz verweist der französische Präsident Sarkozy auf französische „Kaltblütigkeit“ und läßt die französischen Atommeiler unbeeindruckt weiter in Betrieb.
Der tiefere Grund dafür, dasß gerade Deutschland auf das Reaktorunglück in Fukuschima mit einem Hysterieschub geantwortet hat, liegt wohl in psychologischen Tiefen, die auch den religiösen Bereich berühren. Erstens gibt es eine Korrelation zwischen religiöser Verankerung und Neigung zur Angst. Der religiöse Grundwasserspiegel ist in den letzten Jahren gefallen, der Angstpegel stieg. Zweitens: Der Verbraucher, auch der in Baden-Württemberg, nutzt gerne alle Erleichterungen der modernen Technik.
Andererseits weiß er, daß er Eingriffe in die Natur und entsprechende Risiken als Nutznießer mit zu verantworten hat. Zur Gewissensentlastung soll dann wenigstens mit den bösen Atomkraftwerken und ihren unheimlichen Strahlen aufgeräumt werden. Drittens gelingt mit der Ablehnung der friedlichen Nutzung der Atomkraft in gewisser Weise eine „Selbstadelung“: man ist sensibler, man ist besser als die anderen. Auch andere Staaten.
Die realistische Fragestellung nach Fukuschima wäre doch gewesen, welche Stärke können Erdbeben in Deutschland erreichen, sind unsere Kernkraftwerke dem gewachsen? Ein Riesen-Tsunami des Neckars mit Ausfall der Notstromaggregate und der Kühlung für das Kernkraftwerk in Neckarwestheim ist ja eher unwahrscheinlich. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hätte die aufkeimende Hysterie mit der ruhigen Erklärung verhindern können, die Erdbeben- und Absturzsicherheit werde erneut überprüft und gegebenenfalls durch bauliche Nachrüstungen verbessert.
Eine Wende zu viel
So aber tauchte die CDU kurz ab, riß dann wählerwirksam das Ruder herum und kassierte die gerade eben beschlossene Laufzeitverlängerung. Das war eine Wende zu viel. Damit hatte sowohl Berlin als auch das schwarz-gelbe Stuttgart seine Glaubwürdigkeit bei Vielen verspielt. Eine ausreichende Zahl von Wechselwählern ging zu den Grünen über, die ja immerhin Kurs gehalten hatten. Absurde Pointe der schwarz-gelben Wackelpolitik: jede Explosion in Fukuschima steigerte das Wahlergebnis für die Grünen. Bei einer Kernschmelze hätte es wahrscheinlich zur grünen Alleinregierung gereicht.
In dieser schnellebigen und bewegten Zeit, so scheint uns die neueste Geschichte zu lehren, müssen sich auch Regierungen schnell und geschmeidig an die neuesten Trends anpassen. Eine Persönlichkeit jedoch ragt aus dem Mahlstrom des Veränderlichen gleichsam wie ein Fels heraus. Es ist Thilo Sarrazin. Man fragt sich, warum sich das öffentliche Blatt für Thilo Sarrazin im letzten Sommer nach anfänglichen Medienangriffen plötzlich in die gegenteilige Richtung wendete. In erster Linie ist Sarrazin ein Mann, der sein Land liebt.
Zwischenfrage mit der Bitte um schnelle Antwort: Welchem deutschen Politiker bescheinigen Sie spontan: ‘Der liebt unser Land?’ – Sehen Sie, da liegt unser Problem –. Sarrazin macht sich berechtigte Sorgen um die Zukunft Deutschlands. Dann ist er ein Mann mit Charakter und einer der nicht denken läßt, sondern unabhängig von Zustimmungsquoten selbst denkt. Fast möchte man fragen: Darf der das eigentlich?
Sarrazin hatte das Glück mit seinem Buch zu einem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit zu treten, als der Würgegriff der politischen Korrektheit schon schwächer und der Vertrauensvorschuss des Normalbürgers gegenüber „denen da oben“– dazu zählen Politik und Medien – schon stark im Schwinden war. Zudem bot sich gleichsam die Möglichkeit eines Plebiszits.
Aufgenötigter Vergangenheitskomplex
Nach den schnellen Vorverurteilungen durch die Kanzlerin – das Buch sei „diffamierend“ und „nicht hilfreich“, ich frage mich: Wie läßt sich das feststellen, wenn man ein Buch nicht gelesen hat und auch nicht lesen will? – und den Bundespräsidenten – er hatte die Entlassung Sarrazins verklausuliert gefordert und dann auch vollzogen – , war der Kauf eines Sarrazinbuches nicht nur Befriedigung der persönlichen Neugier, sondern auch eine politische Demonstration, eine Warnung an die politische Klasse. Über 1,4 Million Mal wurde solchermaßen die gelbe Karte gezogen. Ein einmaliger Vorgang. Das nährt die Hoffnung, daß Sarrazins Hauptanliegen, die Einwanderung in die Sozialsysteme und ein beispielloser Geburtenrückgang Themen für die politische Klasse werden.
Dem sehr empfehlenswerten Buch von Thilo Sarrazin möchte ich ein anderes Buch zur Seite stellen, dem ich ebenso viel Erfolg wünsche. Es ist das neueste Buch von Professor Konrad Löw, sozusagen sein opus magnum. Es trägt den Titel „Deutsche Schuld 1933 – 1945?“ und den Untertitel „Die ignorierten Antworten der Zeitzeugen“. Das Buch von Sarrazin hat den großen Wert Realismus bei Zuwanderung und Sozialpolitik anzumahnen, weil es unbestechlich die heutigen Zustände beschreibt. Das Buch von Konrad Löw hat den großen Wert, zu Realismus bei der Beurteilung der deutschen Vergangenheit beizutragen, weil es die damaligen Zustände unbestechlich beschreibt. Löw deckt eine Wahrheit auf, die gerne beschwiegen, ja unterdrückt und verfälscht wird. Aber nur wenn diese Wahrheit durchdringt, kann der uns aufgenötigte Vergangenheitskomplex geheilt werden.
Meine Damen und Herrn, lassen Sie das Stichwort Realismus überleiten zu kurzen Bemerkungen zur gegenwärtigen Finanzlage unseres Landes, wonach ich mit drei Bemerkungen schließen möchte.
Zur Finanzlage unseres Landes: In den 1950er Jahren, in grauer Vergangenheit, hatte die Adenauer-Regierung trotz schwerster Belastungen aus der Kriegszeit einen Überschuß, den genannten Julius-Turm, erwirtschaftet. Erst Ende der 1960er Jahre, unter der sozialliberalen Koalition setzte eine beispiellose Staatsverschuldung ein. Inzwischen hat sie die Höhe von mehreren Billionen Euro erklommen. Trotz des inzwischen erfolgten Beschlusses, in einigen Jahren mit diesem Wahnsinn aufzuhören, verhalten sich unsere Finanzpolitiker wie die Junkies, die immer einen Grund finden, heute noch nicht mit dem Drogenkonsum aufzuhören. Diese hausgemachte deutsche Verschuldung ist schlimm genug.
Nun aber kommt noch Europa hinzu. Sie wissen ja, der Euro muß gerettet werden, koste es, was es wolle. Kurze Rückblende. In der ersten Dekade hat die europäische Zentralbank die Zinsen höher gehalten, als es für die stagnierende deutsche Volkswirtschaft gut war. Das waren für Deutschland schwierige Jahre, geprägt von Lohnverzicht, Mehrarbeit und zunehmenden gesellschaftlichen Spannungen. Anders für Griechenland, Portugal, Irland oder Spanien, sie haben die für sie sehr günstigen Euro-Zinsen genutzt, um lange Zeit über Gebühr auf Pump zu leben.
Jetzt zeigt sich, der Euro war ein politisches Projekt, eine Wunschvorstellung europaseliger Politiker. Gegenüber den Deutschen erkauft mit dem Versprechen, das sich jetzt als Lüge herausstellt, niemals für die Schulden anderer Länder einstehen zu müssen. Nie zuvor wurden die Interessen deutscher Steuerzahler leichtfertiger einem unbestimmten, angeblich überwölbenden, europäischen Gemeinwohl geopfert.
Realitätsverlust und Größenwahn
Als wir die voraussichtliche Schadenssumme der japanischen Umweltkatastrophe erfuhren, waren wir erschrocken. 200 Milliarden Euro! Mit etwa der gleichen Summe kann Deutschland ins obligo geraten, wenn die so genannte Euro-Rettungsaktion versagt. Der Volksmund weiß, wer bürgt, wird gewürgt. Das Schizophrene: All das haben Politiker zu verantworten, die in ihren eigenen Finanzen sehr wohl Guthaben von Schulden zu unterscheiden wissen.
Angesichts dieser unabsehbar großen (finanziellen) Risiken für Deutschland kann man sich des Gedankens nicht erwehren, in schicksalhaften Situationen seien Realitätsverlust und Größenwahn eine Konstante deutscher Politik der letzten 100 Jahre.
Aus all dem ergibt sich folgendes:
Erstens: Die CDU will die Hauptprobleme und die begrenzten Möglichkeiten unseres Landes nicht wahrhaben.
Zweitens: Die CDU steht nicht mehr zu ihrer ursprünglichen Verankerung in der christlichen Botschaft, die eine zutiefst humane ist. Loni Böhm, eine ehemalige Landtagsabgeordnete aus Rheinland-Pfalz, hat es so ausgedrückt: Der CDU ist die geistliche Dimension abhanden gekommen.
Drittens: Nur wenn die CDU die Politik der neuen Wendigkeit hinter sich läßt und zu ihrem bewährten Markenkern zurückkehrt, hat sie noch eine Chance.