Zugegeben, bei den Naturkatastrophen in Japan handelt es sich um außerordentlich tragische Ereignisse. Daran dürfte wohl kein Zweifel bestehen. Was allerdings hierzulande daraus gemacht wird, spottet nicht nur in politischer Hinsicht jeder Beschreibung.
Der Wutbürger hat sich totprotestiert
Hier soll es nicht um die bundesdeutschen, politischen Implikationen des fernöstlichen Unglücks gehen. Die sind innerhalb der letzten vier Wochen ausgedehnt totdiskutiert worden, und der Wutbürger von nebenan ist (wie zu erwarten war) auch über dieses Stöckchen gesprungen, das man ihm hingehalten hat.
Nun dürfen wir uns also auf die „grüne Gefahr“ einrichten – aber vielleicht bringt das ganze innerpolitische Elend auch ungeahnte, positive Nebenerscheinungen mit sich. Die Weigerung Winfried Kretschmanns, sozialistische Selbstkritik zu üben, ist in jedem Fall bemerkenswert und läßt auf mehr hoffen. Nun aber weg von der Realpolitik und hinein in die kleine, verkorkste Welt des bestürzten Bundesbürgers.
Keine Gnade für Homer Simpson
Was noch einen gewissen öffentlichen, zumeist belustigten Nachhall fand, war die Entscheidung aus der Schweiz, einige Folgen der „Simpsons“ nicht mehr zu zeigen. Betroffen sind diejenigen Episoden, in den es zu brenzligen Situationen im städtischen Atomkraftwerk kommt. Das sind durchaus nicht wenige, aber es dürfte zu verschmerzen sein – zumal man aufgrund der ewigen Dauerschleifen dieser scheinbar endlosen Serie irgendwann sowieso alle Folgen auswendig kennt. Zumindest kann ich mich nicht erinnern, daß seit meiner Kindheit irgendwann einmal für längere Zeit keine „Simpsons“ im Fernsehen gelaufen wären.
Irgendwo kann man die Schweizer ja vielleicht auch ein bißchen verstehen. Wenn man komplett humorlos ist und jedes einzelne Wort für bare Münze nimmt, sind die „Simpsons“ tatsächlich stellenweise ein wenig forsch. Dennoch stellen sie mit ihrer feinen Hintersinnigkeit und den oftmals scharfgezeichneten Parodien auf die alltäglichen Absurditäten des Lebens in den USA in jedem Fall eine bessere Kost für den TV-Konsumenten dar als das erbärmliche deutsche Vorabendfernsehen mit seinen „Heile Welt“-Serien, Multikultiphantastereien und Jugendlichen im Vollrausch.
Mit deutscher Gründlichkeit betroffen
Was in der Schweiz noch halbwegs sinnvoll daherkommt, artet hierzulande erwartungsgemäß wieder zu einem totalen Wahnsinn aus. Angeblich sollen einzelne Radiosender das verhältnismäßig beliebte Lied „Verstrahlt“ des Rappers Marteria aus dem Programm genommen haben – nicht etwa aufgrund der scheinbaren Cannabisverherrlichung im Text, sondern aus „Pietätsgründen“ gegenüber den Opfern des trotz der deutschen Sensationspresse noch immer nicht passierten GAUs in Japan.
Und selbst, wenn die verantwortliche Autorin sich den Artikel lediglich aus den Fingern gesogen haben sollte (was durchaus noch nicht geklärt scheint), so steht er doch beispielhaft für den spezifisch deutschen Umgang mit derlei Großunglücken.
Politik im Stuhlkreis – mit Anschreien
Ungeachtet der Opferzahlen und ungeachtet des Leids in betroffenen Regionen wird hier schlicht mit dem Schicksal anderer Völker Politik gemacht. Die lethargischen Parlamentarier kommen plötzlich in Bewegung – und werfen sich blindwütig in Aktionen hinein, um dem demos Engagement und vor allem eigene Prinzipien vorzugaukeln. Bemerkenswerterweise werden aber gerade tragische Ereignisse wie die Seebeben in Japan genutzt, um im eigenen Land marktschreierisch übereilte Entscheidungen wie das uns nun bevorstehende Atom-„Moratorium“ zu erpressen.
Denn in den moralinsauren Spiegelfechtereien, die einem mit ganz anderen Dingen beschäftigten Wahlvolk oktroyiert werden, hat sich spätestens seit dem Auftreten der GRÜNEN auf der politischen Bühne das Prinzip etabliert: „Wer sich empört, hat Recht!“ Und bekommt alle Aufmerksamkeit, insbesondere dann, wenn er bei allem Herumgefuchtel mit Wut, Scham, Trauer und Entsetzen gar keine Lösungsvorschläge für das erkannte oder nur herbeigeredete Problem zu machen weiß.
Wie sonst ließe sich die mediale Präsenz einer Claudia Roth erklären? Abgesehen davon, sich über alles und jeden zu ereifern, stellt sie weder etwas dar, noch kann sie mit irgendwelchen verwertbaren Kompetenzen aufwarten, auch wenn einige das noch nicht eingesehen haben. Außer vielleicht im Verwalten von Kiffer- und Steineschmeißermusikanten und natürlich in der Außenpolitik, die mittlerweile ja längst auch ein Stück weit Innenpolitik ist.