Manch braver Buchhändler gerät durch Thilo Sarrazin in ärgste Gewissensnöte. So verkauft Wolfgang Meny von der Buchhandlung Eulenspiegel im schwäbischen Wiesloch den Bestseller „nur mit Unbehagen“, wie er in einem Leserbrief im aktuellen Börsenblatt. Wochenmagazin für den Deutschen Buchhandel kundtut.
„Für mich beinhaltet er rassistische Gedanken und ausländerfeindliche Pauschalierungen, an deren Verbreitung ich mich nicht beteiligen möchte“, schüttet Meny sein Herz aus. Er führt „Deutschland schafft sich ab“ deshalb nicht im Sortiment.
Dennoch nötigen Meny ständig Kunden, das Frevelwerk bei ihm („Nur auf Bestellung“) zu erwerben. Dabei verspricht der Buchpreis von 22,99 Euro auch für ihn einen nicht zu verachtenden Gewinn. Die teuflische Abwägung zwischen Geschäft und Gewissen hat dem politischen Musterknaben einige Tage Grübeln bereitet, bis er den Ausweg entdeckte: „Von jedem verkauften Exemplar werde ich fünf Euro an die Organisation Pro Asyl spenden.“
Aussicht auf einen Platz im Himmel nicht verstellt
Ganz berauscht von seiner guten Tat, mit der Proteste gegen Abschiebungen in den Kosovo und „gegen die inhumane Lagerunterbringung von Flüchtlingen“ hierzulande unterstützt werden, informierte Meny seine Kunden über das Schaufenster und die Welt über das Branchenorgan. So bleibt beim Verkauf des Sarrazin-Werkes noch ein gutes Scherflein in der eigenen Tasche und trotzdem ist die Aussicht auf einen Platz im Himmel nicht verstellt.
Nur Börsenvereinsjustitiar Christian Sprang gießt Wasser in den Wein und warnt davor, daß die Werbung mit Spenden aus den Erlösen preisgebundener Bücher als unlauterer Wettbewerb gewertet werden kann.
JF 38/10