Die Platzecks unter den Sozialdemokraten, die in der auf „Linke“ umlackierten SED eine „normale“ Partei sehen möchten, die man nach zwanzig Jahren ruhig öfter mal in die Regierungsverantwortung einbinden könnte, sollten mal einen Blick ins Landtagswahlprogramm der NRW-Linken für 2010 werfen.
Im Landesverband der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke, Sahra Wagenknecht und Andrej Hunko (erinnern Sie sich? Das war der, der im Frühjahr vom großen Kladderadatsch nach der Finanzkrise träumte und revolutionstrunken zu „sozialen Unruhen“ aufrief) geht es nämlich zu wie in einem K-Gruppen-Debattierzirkel der siebziger Jahre.
Wenn es nach den Linken geht, wird Nordrhein-Westfalen so eine Art Volksrepublik. Die Wirtschaftskrise markiert den „Bankrott des Kapitalismus“, also muß jetzt der „demokratische Sozialismus“ her. Dafür wird erst mal verstaatlicht, was das Zeug hält: Die Energiekonzerne Eon und RWE sowieso, ferner die „Schlüsselindustrien“, „Großbetriebe der Grundstoffindustrie“ und „Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung für NRW“ haben. „Faktisch schwebt der Linkspartei also ein VEB NRW vor“, ätzt Reiner Burger in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Mittwoch.
„Recht auf Rausch“
Damit ist dem „Anspruch, die gesellschaftlichen Verhältnisse in NRW ändern zu wollen“, natürlich noch längst nicht Genüge getan. Im Schulwesen geht’s zurück in die DDR: Alle bis zur zehnten Klasse in die Ganztags-Gesamt-Einheitsschule, pardon, in „Häuser des demokratischen Lebens und Lernens“.
Antiklerikaler Kampf ist für gestandene Kommunisten natürlich Ehrensache: Weg mit dem Religionsunterricht und mit konfessionellen Schulen und Kindergärten; die haben sich nämlich zu „Instrumenten sozialer und kultureller Auslese entwickelt. Diese Einrichtungen mit erheblich geringerem Anteil an Migrantinnen und Migranten werden nicht nur von gläubigen Eltern bevorzugt, sondern zunehmend auch von solchen, die für ihre Kinder nach einer Einrichtung weitgehend ohne Einwandererkinder suchen.“ Und das geht natürlich gar nicht.
Wer’s nicht mehr aushält, den tröstet vielleicht das „Recht auf Rausch“ im Linksprogramm: Cannabis wird legalisiert, jeder Erwachsene soll fünf Pflänzchen für den Privatgebrauch anbauen dürfen.
Alles nur „Kinderkrankheiten“?
Beim Leib- und Magenthema „Keinen Fußbreit den Faschisten“ hat Stalins Komintern-Ideologe Georgi Dimitroff die Feder geführt: „Faschismus“ kommt vom „Kapitalismus“, und der hat in NRW, wo viele CDU- und FDP-Landtagsabgeordnete der NSDAP entstammten, nach dem Krieg, nicht zuletzt dank der vielen ein „Zentrum“ seiner „Macht“ aufgebaut.
„Antifaschismus“ ist also Kampf gegen den Kapitalismus, will sagen, das ganze bürgerliche System. Womit es Union und FDP wieder mal schriftlich hätten, daß sie im Grunde genommen auf sich selber schießen, wenn sie Seit an Seit mit der Linkspartei zum Kampf „gegen rechts“ schreiten, wie die politische Korrektheit es befahl.
Alles nur „Kinderkrankheiten“, wie Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch die Tiraden seiner NRW-Genossen verharmlost? Mag ja sein, daß der Kommunismus in seinen Kindertagen, in der guten alten Zeit von Lenin und Stalin, von Thälmann, Zetkin, Pieck und Ulbricht noch knackiger war als heute. Auf diesen zweiten Frühling kann man aber trotzdem ganz gut verzichten.
Die Bundes-Linke hat sich von einem neuen Programm verabschiedet
Selbst den Genossen im ZK (oder wie die Parteizentrale der Linken jetzt heißt) sind die Radikalinskis, Sektierer und Fundamentalisten an Rhein und Ruhr inzwischen eher peinlich. Nicht weil sie wirre Ideen haben, sondern weil sie einfach die Klappe nicht halten können und damit ihre Wahlchancen gefährden. Man muß doch nicht alles gleich raustrompeten, was man so vorhat.
Die Bundes-Linke hat sich deshalb listigerweise vom Projekt eines neuen gemeinsamen Parteiprogramms nach der Fusion mit der WASG gleich ganz verabschiedet. Die Zeiten seien ja auch „dynamisch“, zwinkert Parteichef Lothar Bisky.
Na, da können die Genossen ja von Glück sagen, daß „die Linke“ nicht „die Rechte“ ist. Sonst hätten ihr die Eskapaden des Landesverbands im größten Bundesland wohl schon längst statt Talkshoweinladungen ganz dynamisch ein paar Parteiverbotsanträge eingehandelt. Der Schoß ist schließlich fruchtbar noch, oder?