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Unsere Sprache blüht, wächst und verkommt

Unsere Sprache blüht, wächst und verkommt

Unsere Sprache blüht, wächst und verkommt

 

Unsere Sprache blüht, wächst und verkommt

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Die Berufsbeschwichtiger haben wieder zugeschlagen. Allmählich gewinnt man den Eindruck, als sei derzeit eine gezielte Kampagne im Gange, mit der verharmlost werden soll, daß die deutsche Sprache aus zahlreichen Gebieten („Domänen“) verdrängt wird. Jüngstes Erzeugnis dieses Kampfes um die Meinungsführerschaft ist die neueste Ausgabe der „Mitteilungen des deutschen Germanistenverbandes“. Matthias Heine hat sie für die Welt rezensiert, und zwar unter der Überschrift: „Unserer Sprache geht es ganz hervorragend“.

Zahlreiche Germanisten geben sich als Musikkapelle der Sprachtitanic und spielen ihre Leier bis zum Untergang. André Meinunger zum Beispiel verweist darauf, daß Deutsch nicht zu den 90 Prozent der Sprachen gehört, die in diesem Jahrhundert aussterben werden. Wie beruhigend! Dann ist es also erst im nächsten Jahrhundert soweit? Außerdem trickst Meinunger in seiner Beweisführung, wenn er behauptet, wegen einzelner sprachlicher Entgleisungen werde die deutsche Sprache nicht untergehen.

Meinunger blendet nämlich damit aus, daß es um etwas anderes geht: Die deutsche Sprache wird erstens aus zahlreichen „Domänen“ verdrängt, und zweitens sind immer mehr Deutsche nicht mehr in der Lage, die Ausdruckskraft ihrer Muttersprache auszuschöpfen. So geht sowohl die Zahl der Muttersprachler als auch die Zahl derer, die Deutsch als Fremdsprache beherrschen, langsam, aber sicher zurück. In der Wissenschaft oder in der Europäischen Union wird Deutsch immer weiter durch Englisch ersetzt.

Stammeldeutsch der Großstadtjugendlichen

Die verunglückte Rechtschreibreform trägt ebenfalls zu erheblicher Verunsicherung bei. Das Stammeldeutsch der Großstadtjugendlichen, von manchen Sprachwissenschaftlern als „Kiezdeutsch“ gefeiert, ist ein weiteres Alarmzeichen. Es zeichnet sich durch einen verringerten Wortschatz und eine vereinfachte Grammatik aus. Stammeldeutsche können ihre Gedanken nicht mehr angemessen in Worte fassen oder mit Hilfe der Sprache verfeinern.

Rudolf Hoberg ist eine Art Staatsratsvorsitzender der Berufsbeschwichtiger. Den Vorsitzenden der mit unseren Steuergeldern am Leben gehaltenen „Gesellschaft für deutsche Sprache“, ficht nichts an: „Die deutsche Sprache blüht, wächst und gedeiht“, behauptet er unverdrossen. Die Sorge um die deutsche Sprache tut er als Auswuchs von Altersstarrsinn ab.

Gottlob gibt es unter den Sprachwissenschaftlern nicht nur die Verharmloser. Der Germanist Horst Haider Munske vergleicht zum Beispiel die Entwicklung der deutschen Sprache mit dem Schicksal der Dialekte und warnt: „Die Dialekte haben im Laufe von anderthalb Jahrhunderten wesentliche Domänen der Kommunikation eingebüßt. Sie taugen gerade noch für den Plausch über den Gartenzaun, für die Familie und den Stammtisch.

Dialekte des Englischen

Und das ist das drohende Schicksal des Deutschen und aller anderen großen und kleinen europäischen Sprachen. Sie werden in ihrem sprachlichen Status nach und nach zu Dialekten des Englischen. Mit jeder fachlichen Domäne, die dem Englischen geopfert wird, geht ein Stück Universalität verloren. Dies ist ein schleichender Prozeß, der Generationen dauert, dann aber unabwendbar ist.“

Wie weit sich die Berufsbeschwichtiger von dieser Wirklichkeit entfernt haben, geht nicht nur aus den Leserkommentaren zu dem besagten Welt-Artikel hervor, sondern auch aus der daneben veröffentlichten Leserabstimmung. Völlig unbeeindruckt von den Aussagen der Germanisten entschieden sich rund zwei Drittel der abstimmenden Leser für die Antwort: „Unser Deutsch verkommt immer mehr.“

 

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