Elektrofahrzeuge gelten oft als die Zukunft des Automobils, doch meiner eigenen Meinung nach kann ein rein elektrisches Fahrzeug als kommerzielles Produkt wahrscheinlich nur in Form eines sehr kleinen Autos für Pendler bestehen. Die Technik ist nicht universell einsetzbar.“ Das prognostizierte kürzlich im Fachblatt Technology Review der Vizepräsident und Forschungsleiter von Toyota, jenem japanischen Autokonzern, der in diesem Bereich Milliarden investiert und von seinem Benzin/Elektro-Hybridmodellen schon weit über eine Million Fahrzeuge verkauft hat.
Die deutsche Politik läßt sich für ihr „grünes“ Image dennoch gerne mit E-Mobilen fotografieren. Das Bundesumweltministerium unterstützt derzeit beispielsweise einen Großversuch mit BMW-Elektroautos in Berlin – und schon 2020 sollen laut Regierungsprognose eine Million auf deutschen Straßen rollen. Bei der Hannover-Messe wurde jetzt ein einheitlicher EU-Stecker zum Laden von E-Fahrzeugen vorgestellt. Die dreiphasige Technik soll bei 400 Volt und bis zu 63 Ampere Stromstärke übertragen können.
Doch was sagen die Praktiker zur Euphorie bei Politikern und Stromkonzernen? Bernd Bohr, Doktor der Ingenieurwissenschaften und Geschäftsführer des Autozulieferers Bosch, weist auf die weiter hohen Kosten für Akkus hin, mit denen E-Mobile wenigstens 200 Kilometer weit fahren können. Die Leistungsdichte der Batterien müsse mindestens verdreifacht werden, sonst sei eine Ablösung des Verbrennungsmotors „illusorisch“. Er hält es für ausgeschlossen, daß einigermaßen brauchbare Elektroautos vor dem Jahr 2020 möglich sind.
Seit Jahrzehnten wird an der Wasserstoff-Brennstoffzelle geforscht. Hier muß eine Energieform (elektrischer Strom) in eine andere (Wasserstoff) umgewandelt werden, um dann wieder Strom zu gewinnen, der das Auto antreibt. Das Brennstoffzellenauto ist also ein Elektroauto, das seinen Strom an Bord durch eine Brennstoffzelle erzeugt. Da zur Herstellung von einem Kubikmeter gasförmigen Wasserstoffs aber 4,5 Kilowattstunden Strom benötigt werden, kommt am Ende der Kette ein miserabler Wirkungsgrad heraus. Auch wer glaubt, mit Windstrom Wasserstoff für die Mobilität erzeugen zu können, kann dadurch nicht deren Wirkungsgrad verbessern.
Die von japanischen Autokonzernen mit Quersubventionen und politischer Rückendeckung in den Markt gedrückte Hybridtechnik ist eine Übergangslösung. Sie verbindet den Verbrennungsmotor mit einer elektrischen Hilfsmaschine. Diese soll bei bestimmten Fahrsituationen den Verbrennungsmotor unterstützen. Bei großen, schweren und teuren Fahrzeugen kann das sinnvoll sein, um den Kraftstoffverbrauch merklich zu senken. Je kleiner, leichter und preiswerter ein Auto ist, desto mehr schlägt der Hybridanteil mit immer höheren Kosten zu Buche. Sie stehen in keinem Verhältnis zur Kraftstoffeinsparung. Diese Einsparung wird immer geringer, je weniger der Verbrennungsmotor ohne Hybrid-Hilfe verbraucht. Dabei kann auch der Kleinwagen auf keine Hybrid-Komponente verzichten, wobei sich die Verkleinerung der Komponenten in Grenzen hält – und das Wagengewicht zu stark erhöht.
Sind bei großen Limousinen oder Geländewagen durch Hybrid und Modifikationen an Motor und Fahrzeug zehn Prozent Einsparung möglich, schrumpft dieser Spielraum mit sinkender Wagengröße. Der VW Polo Bluemotion 1.4 Diesel mit drei Zylindern, der 2010 mit 59 kW (80 PS) angeboten wird, verbraucht beispielsweise nur noch 3,3 Liter auf 100 Kilometer. Ein zusätzlicher Hybridanteil würde Aufwand und Gewicht derartig in die Höhe treiben, daß von möglichen Einsparungen nichts mehr übrigbleibt – und niemand das Auto wegen des zu hohen Preises kauft.
Das vielbeschworene Elektroauto bezieht seine Energie ausschließlich aus Batterien. Sie müssen so bemessen sein, daß auch alle Nebenaggregate – von den Scheinwerfern bis zur Heizung und Klimatisierung – zuverlässig mit Strom versorgt werden. Beim konventionellen Auto liefert der Motor über Lichtmaschine und Batterie den benötigten Strom bis zum letzten Kraftstofftropfen im Tank. Das ist beim Elektroantrieb viel komplizierter.
Optimisten kontern dann mit dem Zauberwort Lithium-Ionen-Technik. Durch Mobiltelefon- und -rechner oder Akkuwerkzeuge ist dieser Batterietyp längst alltäglich. Doch seine Leistung kann nicht endlos gesteigert werden – es gab bereits zahlreiche Brände und Rückrufaktionen der Hersteller. Die Li-Batterie arbeitet zudem in einem relativ engen Temperaturfenster. Sie muß exakt überwacht und gekühlt werden. Mercedes-Ingenieur Herbert Kohler, Professor an der Universität Stuttgart, vergleicht beim gegenwärtigen Entwicklungsstand fünf Liter Benzin mit 100 Liter Batterievolumen, um damit die gleiche Strecke zurücklegen zu können. Mit 50 Litern Benzin kann man inzwischen bis zu 1.000 Kilometer schaffen. Dafür hätte die Li-Batterie ein Volumen von einem Kubikmeter. Bei einem Vergleich mit dem Dieselmotor schneidet die Li-Batterie noch schlechter ab.
VW-Forscher Wolfgang Steiger nennt eine Leistungssteigerung um das Zehnfache, bis die Li-Batterie anfangen könnte, dem Verbrennungsmotor echte Konkurrenz zu machen. Dabei muß ein Elektroauto die gleichen Sicherheitsvorschriften erfüllen wie eines mit Verbrennungsmotor – es wird also kaum leichter als ein konventionelles. Allein sein Antrieb kostet soviel wie der mit Verbrennungsmotor. Dazu kommt die Batterie, deren Preis dramatisch fallen müßte, um konkurrenzfähig zu werden. Eine Li-Batterie des von Mercedes entwickelten Elektrosmart für London kostet rund 6.000 Euro. Die Batterie für den VW Golf Twindrive bringt es auf 15.000 Euro – bei einer rein elektrischen Reichweite von unter 50 Kilometern.
Trotz aller Probleme gibt es das „Elektroauto“ längst – nämlich da, wo es sinnvoll ist: als Behindertenfahrzeug, als Transporter in der Industrie oder bei den Kommunen. Sie werden von einer Reihe von Firmen angeboten und arbeiten mit konventionellen Batterien (meist Nickel-Metallhydrid). In Innenstädten spielt die Reichweite zudem eine untergeordnete Rolle – und der Elektrotransporter kehrt am Abend in seinen „Stall“ zurück, um die Batterien nachzuladen. Es ist daher durchaus vorstellbar, daß in den kommenden Jahren kleine Elektroautos durch die Großstädte rollen, aber von einer „Revolution“ sind sie weit entfernt. Als Universalauto sind sie weiter ungeeignet. Daran können auch noch so eifrige Politiker nichts ändern.
Foto: BMW-Mini: Die Leistungsdichte der Batterien für E-Mobile ist noch längst nicht ausreichend