Frauen und Kinder zuerst – das war einmal der Ruf einer solidarischen Gesellschaft. Heute werden Frauen und Kinder zuerst allein gelassen und in Not und Elend gestürzt. Das Urteil des Bundesgerichtshofs, wonach geschiedene Alleinerziehende schneller wieder eine Vollzeitstelle suchen und besetzen sollen, ist nur ein Mosaikstein in diesem Trend. Ein anderer ist die wachsende Gehaltsdifferenz zwischen Frauen und Männern, ein dritter die Verkrippung der Kleinsten, ein vierter die Diskriminierung der Erziehungs-und Hausarbeit, ein fünfter die Angriffe auf das Ehegattensplitting und dahinter die Geringschätzung der Ehe. Insofern paßt das BGH-Urteil in die ideologisch-politische Landschaft.
Dieses Urteil lockert erneut die Bindung, das lebenslange Einstehen der Ehepartner füreinander. Dabei zeigt sich die Bedeutung von Ehe und Familie gerade auch in der Krise. Denn das ist die Kehrseite der familienfeindlichen Arbeitswelt: In Krisenzeiten erfährt der Mensch keine Solidarität mehr, ihm bleibt nur noch der Anspruch ans Sozialamt. Ehe und Familie aber fangen menschlich auf, trösten, tragen mit, tragen durch. Wer – wie die Berliner Erwerbsideologen oder manche Richter – Ehe und Familie geringschätzt, der führt die Menschen in die „totalitäre Arbeitswelt“, von der schon Ernst Jünger sprach. Wollen wir das?