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Die heimatlose Generation

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Die Generationen kommen und gehen. Die „skeptische Generation“ Helmut Schelskys deckt heute der grüne Rasen. Die 68er befinden sich auf dem Weg in die Rente. Die 89er waren eher ein Medienwitz, die „Generation Golf“ (Florian Illies) bescherte ihrem Erfinder einen einträglichen Bucherfolg. Die „Generation Reform“ (Paul Nolte) dürfte, wenn man das Konzentrationsvermögen unserer von „Aufmerksamkeitsdefizitstörungen“ geplagten Mediokratie richtig einschätzt, bald der „heimatlosen Generation“ weichen, die der Publizist Martin Hecht 2000 kreierte („Das Verschwinden der Heimat“) und der er mit einem fürs nächste Frühjahr angekündigten Buch über „Die hohe Kunst der Freundschaft“ neues Leben einhauchen möchte. Die „heimatlose Generation“ rekrutiert sich für Hecht aus den Jahrgängen 1960 bis 1975 (Psychologie heute, 12/2005). Diese Probanden kannten noch ein halbwegs geregeltes Familienleben und die festgefügte Institution der Heimat. „Sie kannte zum Beispiel Mütter, die sich noch klaglos in ihr bürgerliches Schicksal fügten, die zu Hause blieben, die Küchenschürze anlegten und kochten.“ Zwischen 1970 und 1980 hätte also letztmals in der deutschen Geschichte ein Nachwuchsjahrgang drei oder vier Mal täglich eine häusliche Mahlzeit erhalten. Diese Jungen und Mädchen lebten unter den strengen Augen von Vätern, die zum Mittagessen nach Hause kamen und am oberen Tischende Platz nahmen. Die Familie wurde als Institution erfahren, die neben Schule, Kirche und lokaler Gemeinschaft mächtiger gewesen sei als der einzelne Wille. Die Mehrheit dieser Jugendlichen sei in der „gewissen Kontinuität der generationsübergreifenden Lebenserfahrung“ aufgewachsen, in Halt gebenden „Traditionen“. Der Bruch mit dieser Stetigkeit sei das entscheidende Merkmal in der „Lebensrhythmik der heimatlosen Generation“. Berufsbedingt aus dörflichen und kleinstädtischen, zudem häufig „bildungsfernen“ Verhältnissen gerissen, hätten die heute 30- bis 45jährigen den sozialliberalen Aufbruch zu „mehr Demokratie“ als einen „biographischen Quantensprung“ erfahren, als einen „Massenexodus aus der Provinz“, der sie in die Universitätsstädte führte. Ausgeprägter Trend zum Eigenen gewinne Konturen Daraus erkläre sich nicht nur „Singlegesellschaft, Bindungslosigkeit, neue Einsamkeit“. Hecht nimmt auch Gegenbewegungen wahr. Der „Phantomschmerz einer Generation über das Verschwinden der Heimat“ kurbele mehr als nur den Verkauf von Textilien mit exotischen Aufdrucken (Aurich, Wurzen oder Tuttlingen) an. Heiko Ernst als Chefredakteur von Psychologie heute glaubt sogar einer Variante der „geistig-moralischen Wende“ auf der Spur gekommen zu sein: Urlaub in Deutschland werde attraktiv, der „deutsche Film“ feiere seine 17. Wiederauferstehung, das von Philosophen entdeckte „Trendwunder zum beschränkten Eigenen“, ja eine „ausgeprägte Lokalisierungsbewegung“ gewinne Konturen. Höchste Zeit, wie Ernst und Hecht glauben, dagegenzuhalten und die Parole „Netzwerk statt Fachwerk“ auszugeben. Denn Heimat sei allenfalls noch in Surrogaten zu haben. Die Gefühle der Vertrautheit und Geborgenheit, die „Identität“, die ein „lokaler Ort“ vermittelte, seien um 1970 wie in sechstausend Jahren von „Heimat als Existenzform“ stets mit Enge und Eingesperrtsein bezahlt worden. Dieser Preis müsse nicht länger entrichtet werden, da es, wie Hecht ganz im Einklang mit dem ortlosen Multikulturalismus argumentiert, eine virtuelle Heimat im Netzwerk der Freundschaften gebe. Hier erfahre jeder „Aufgehobenheit und Geborgenheit“ ganz „ohne Zwang“: „Bewahrung von Autonomie und Freiheit und gleichzeitig ein Leben mit anderen, die uns schützen, auf die Verlaß ist und die verbindlich sind“. Mit der Freundschaft gelinge „vielleicht“ die „Kompensation von Heimat als Institution“. Vielleicht auch nicht. Mutter liest ihren Kindern vor, um 1972: Der letzte Nachwuchsjahrgang mit drei oder vier häuslichen Mahlzeiten am Tag

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