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Fäden der Vergangenheit

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Unwort, Umfrage, Alternativ

Peter Fischer, 1943 in Suhl/Thüringen geboren, Autor und Redakteur für Zeitgeschichte und Politik sowie Fernseh- und Theaterkritiker, hat mit seinem Roman „Der Schein“, dem ersten Teil einer geplanten Trilogie, eine Erzählung vorgelegt, die alle Kennzeichen eines Entwicklungsromans trägt. Der Assoziationen mit dem Slawischen erweckende Name des Helden, Michael Sahlok, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Anspielung auf Kleists Novelle „Michael Kohlhaas“. Sahloks Ich-Findung, die hier und da autobiographische Züge trägt, spiegelt ein Stück deutscher Zeitgeschichte wider: Der Vater ist im Krieg gefallen; die Jugend verbringt Sahlok in einer thüringischen Kleinstadt, es folgen Studium und vor allem wachsende Schwierigkeiten mit dem politischen System der DDR. Ein Fluchtversuch schlägt fehl, Sahlok kommt in Haft und wird schließlich durch die Bundesrepublik freigekauft. Das sind einige der markanten Eckdaten des Sahlokschen Schicksals, die pars pro toto für manches andere Schicksal im Nachkriegsdeutschland stehen. Faszinierend wird dieser Roman vor allem durch die wechselseitige Permeabilität von analysierender Betrachtung des Romanhelden mit den Reflexionen des Erzählers. Hier verschränken sich Gegenwart und Vergangenheit. Diesen Ansatz formuliert Fischer programmatisch in dem Satz: „Er wußte nicht, daß Erwachsene stärker noch als Kinder wie Marionetten an den unendlich vielfältig geknüpften Fäden der Vergangenheit hängen.“ Fischers „Kohlhaas“ bewegt sich in einer kulissenhaften Welt, in der – auf eine Theaterbühne übertragen – immer nur ein Teil beleuchtet ist. Sahlok durchleuchtet Kulisse auf Kulisse und enttarnt deren Scheinhaftigkeit. So nähert er sich der Wahrheit – seiner Wahrheit – ähnlich wie in der Popperschen Philosophie durch Falsifikation immer weiter an. Daß diese Annäherung nicht für Sahlok, sondern auch für einen deutschen Leser mit vielen schmerzhaften Einsichten verbunden ist, liegt auf der Hand. Fischer mutet dem Leser einiges zu – wer sich auf diese völlig unzeitgemäße Zumutung einläßt, dem wird über die Lektüre dieses Romans ein Erkenntnisfortschritt ganz eigener Art zuteil. Peter Fischer: Der Schein. Ludwigsfelder Verlagshaus, Ludwigsfelde 2004, 179 Seiten, broschiert, 22 Euro

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