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Marc Jongen, ESN Fraktion

Wahlen ohne Staatsvolk

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Einen solchen Skandal hat es bisher weder in der Geschichte der Demokratien noch in der Geschichte diplomatischer Beziehungen zwischen den Staaten gegeben: Seit 1998, als Rot-Grün die Herrschaft über Deutschland gewann, hat die Einbürgerung türkischer Staatsbürger in Deutschland stark zugenommen. Durch eine Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes hat Rot-Grün außerdem vorgeschrieben, daß in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben, wenn ein Elternteil seit acht Jahren hier rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat und eine Aufenthaltsberechtigung oder seit drei Jahren eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis besitzt. Sie werden dadurch in der Regel zunächst Doppelstaatler. Durch die Einführung dieses sonst meist nur für Einwanderungsländer geltenden ius soli (Bodenrecht) wird solchen Kindern die deutsche Staatsbürgerschaft sogar dann aufgezwungen, wenn ihre Eltern das gar nicht wollen. Solche „Zwangsdeutsche“ sind aber nach Erreichen der Volljährigkeit verpflichtet, gegenüber der zuständigen Behörde eine Erklärung darüber abzugeben, ob sie die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit behalten wollen. Entscheiden sie sich für die ausländische Staatsangehörigkeit, so geht die deutsche Staatsangehörigkeit verloren: Doppelte Staatsbürgerschaft ist generell immer noch (wie auch sonst international) unerwünscht. Die eingebürgerten früheren türkischen Staatsangehörigen haben alle Rechte eines Deutschen, sie besitzen einen deutschen Paß, sind aktiv und passiv wahlberechtigt. Allein in Nordrhein-Westfalen sind bis Ende 2004 rund 300.000 Türken auf diese Weise Deutsche geworden, bundesweit sollen es mindestens 600.000 sein, weitere werden folgen. Inzwischen ist auch der Öffentlichkeit (der Bundesregierung schon lange) bekanntgeworden, daß viele Türken, die zur Erlangung oder zur Fortsetzung der deutschen Staatsbürgerschaft nach den genannten Vorschriften auf die türkische Staatsbürgerschaft verzichtet hatten, sich ohne Wissen der deutschen Behörden heimlich die türkische Staatsbürgerschaft (wieder) beschafft haben. Da die deutschen Behörden an diesen Vorgängen nicht beteiligt sind, erfahren sie davon im Einzelfall nichts. Diese Unkenntnis ist deshalb von Bedeutung, weil solche Personen in dem Moment, in welchem sie auf ihren Antrag die türkische Staatsbürgerschaft zurückerwerben, nach Paragraph 25 des Staatsangehörigkeitsgesetzes die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch wieder verlieren. Die Folge davon ist, daß in Deutschland Zehntausende von Türken leben, die in den Wählerlisten für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen eingetragen sind, obwohl sie die deutsche Staatsbürgerschaft nicht mehr besitzen, also auch nicht mehr wahlberechtigt sind. 50.000 solcher Fälle hat die türkische Regierung bereits zugegeben, es können auch sehr viel mehr sein. Wenn solche „scheindeutschen“ Türken an Wahlen teilnehmen, machen sie sich nach Paragraph 107 a StGB strafbar: Ihnen droht Gefängnis bis zu fünf Jahren. Das gleiche gilt unter Umständen auch für Wahlleiter, die im Bewußtsein generell fehlerhafter Wählerlisten das Ergebnis einer Wahl zwangsläufig unrichtig verkünden. Diese Strafvorschriften sind für den Bestand der Demokratie in Deutschland von existentieller Bedeutung, die hohe Strafdrohung hat hier ihren Grund. Es liegt nahe anzunehmen, daß an allen Wahlen der letzten Jahre, vor allem der Bundestagswahl von 2002, aber auch etwa der Landtagswahl in Schleswig-Holstein vor einigen Wochen, solche Scheindeutschen mitgewählt und das rot-grüne Wahlergebnis rechtswidrig „positiv“ beeinflußt haben. Bei der Europawahl etwa stimmten laut Focus vom 21. März 2005 67 Prozent der eingebürgerten Türken für die SPD, 17 Prozent für Grün/Alternativ und nur 18 Prozent für CDU/CSU. Da bei der Bundestagswahl 2002 die SPD nur 6.000 Stimmen mehr als die Unionsparteien erhalten hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß die Bundestagswahl von nicht wahlberechtigten Türken zugunsten von Rot-Grün entschieden wurde: Die Bundesregierung wäre dann objektiv illegal im Amt. Warum Bundestagspräsident Wolfgang Thierse entgegen Paragraph 2 des Wahlprüfungsgesetzes hier nichts unternimmt, mag er erklären. An der Aufklärung der Sache haben „politisch“ allerdings weder Rot-Grün als Nutznießer noch gar die Türkei ein Interesse. Letztere war daran interessiert, Rot-Grün in Deutschland an die Macht zu bringen, und ist daran interessiert, Rot-Grün an der Macht zu halten: In der Türkei ist sehr gut bekannt, daß die gegenwärtige Regierungskoalition türkischen Interessen in vieler Hinsicht vor den Interessen des eigenen Staatsvolkes „weltoffen“ den Vorrang einräumt. Das Eintreten der Bundesregierung für den EU-Beitritt der Türkei sagt genug, ebenso die von ihr praktizierte erleichterte Einbürgerung und fast unbegrenzte Nachzugsregelung für Familienangehörige. Dieses illoyale Verhalten von „Neubürgern“ beweist zunächst, daß diese sich entgegen ihrer eigenen Bekundung keineswegs mit Deutschland identifizieren, sondern die deutsche Staatsbürgerschaft nur zum Zweck des Erwerbes äußerer Vorteile und politischer Einflußnahme erworben haben. Wer nach der Einbürgerung heimlich die türkische Staatsangehörigkeit wieder erwirbt, demonstriert, welchem Staat er sich innerlich zugehörig fühlt. Völkerrechtlich skandalös ist das Verhalten des türkischen Staates: Er arbeitet seit Jahren mit eingebürgerten früheren türkischen Staatsangehörigen zusammen, um die deutschen Rechtsvorschriften zu unterlaufen und über das Wahlrecht im türkischen Interesse Einfluß auf die politischen Verhältnisse in Deutschland zu nehmen. Dadurch wird der deutsche demokratische Staat in noch nie dagewesener Weise unterminiert. Wenn die Türkei solchen Türken, die zum Zwecke des Erwerbs der deutschen Staatsbürgerschaft ihr gegenüber soeben auf die türkische Staatsbürgerschaft verzichtet haben, einige Zeit später als „Deutschen“ die türkische Staatsbürgerschaft auf Antrag wiedergewährt, so weiß sie genau, was hier abläuft. Sie handelt vorsätzlich. Im Hinblick darauf, daß Deutschland und die Türkei „freundschaftliche“ diplomatische Beziehungen unterhalten, müßte selbstverständlich der türkische Staat die deutschen Behörden über solche Rückbürgerungen sofort und lückenlos unterrichten, die Bundesregierung müßte ein entsprechendes Verfahren sicherstellen. Durch diese Deutschland gegenüber geradezu feindselige türkische Konspiration wird unsere gesamte demokratische Grundordnung in Frage gestellt: Alle Wählerlisten in Bund, Ländern und Gemeinden, in welchen solche „deutschen Neubürger“ enthalten sind, sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch. Diesen Verdacht kann die Masse der Wahlberechtigten durch Einspruch gegen das Wählerverzeichnis kaum beseitigen, da sie nur sehr selten über konkrete Informationen verfügt: Kaum ein Deutscher hat Einblick, was unter den Türken wirklich abläuft. Auch die Behörden einschließlich des bei Bundestagswahlen zur Wahlprüfung berufenen Bundestages sind wegen des Zusammenspiels zwischen den eingebürgerten früheren Türken und ihrem Heimatstaat gegenwärtig nicht mehr in der Lage, das jeweils „wahlberechtigte deutsche Staatsvolk“, also den Souverän dieses Landes, zu definieren. Wenn aber eine Demokratie die Wahlberechtigten nicht bezeichnen kann, ist sie am Ende: Gültige demokratische Wahlen sind nicht mehr möglich, der demokratische Rechtsstaat ist auf dem Weg in eine Form der Anarchie, wird zum Spott für seine Bürger und die Welt. Es ist zwar bekannt, daß zwischen der Bundesregierung und der Türkei über diesen Punkt Verhandlungen geführt werden. Innenminister Otto Schily hat von der Türkei auch eine Liste der Rückeingebürgerten verlangt. Eine solche ist aber bisher nicht geliefert worden, dies wird auch kaum geschehen: Die Türkei müßte ja dann offen ihre illoyale und allen Grundsätzen fairer Diplomatie zwischen Staaten widersprechende Handlungsweise einräumen und ihre „Rückbürger“ gewissermaßen in Deutschland denunzieren, als Betrüger entlarven und, sofern sie bereits unberechtigt an einer Wahl teilgenommen haben, der Staatsanwaltschaft ausliefern. Es wäre deshalb längst fällig gewesen, daß Deutschland gegenüber der Türkei diplomatische Schritte einleitet. Rot-Grün hat sich aber aus naheliegenden Gründen hier sehr zurückgehalten, obwohl der Bundesregierung das Problem schon lange bekannt ist. Mancher zieht es eben vor, ein Fußballspiel mit fouls zu gewinnen, statt sportlich anständig zu verlieren. In Nordrhein-Westfalen kommt man im Hinblick auf die am 22. Mai anstehende Landtagswahl allerdings nicht umhin, sich mit dem Problem zu beschäftigen: Nachdem peinlicherweise das auch den dortigen Landesbehörden schon lange bekannte Problem in die Öffentlichkeit getragen worden ist, verschicken die Wahlämter Tausende von Briefen an eingebürgerte Türken und fordern diese auf, doch freundlicherweise mitzuteilen, ob sie inzwischen wieder „Türken“ geworden sind, ohne zuvor eine Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit erhalten zu haben. Auch auf strafrechtliche Konsequenzen wird hingewiesen. In Köln etwa werden diese Briefe, obwohl an eingebürgerte Deutsche gerichtet, von denen man erwarten muß, daß sie die deutsche Sprache beherrschen, auch noch zusätzlich in türkischer Sprache formuliert: ein Entgegenkommen, das entschieden zu weit geht. Nach bisherigen Erfahrungen lehnen es diese „Deutsch-Türken“ überwiegend ab, solche Briefe überhaupt zu beantworten. Das hat sogar seine Logik, denn sie müßten sich dann, falls sie schon einmal unberechtigt gewählt haben, einer strafbaren Handlung bezichtigen. Selbst wenn sie die Briefe beantworten, kann niemand nachprüfen, ob die Antworten zutreffend sind. Es sollen sich nur wenige eingebürgerte Türken gemeldet haben, ihre deutschen Pässe wurden eingezogen. Innenminister Fritz Behrens (SPD) ist dazu nichts Besseres eingefallen, als an die Ausländerbehörden zu appellieren, Wiedereinbürgerungsanträge dieser Personen „wohlwollend“ zu prüfen, obwohl diese Türken sich soeben gegenüber Deutschland extrem illoyal erwiesen haben: Sie hätten ihre deutschen Pässe, die sie zu ihrem Vorteil gegebenenfalls auch betrügerisch überall einsetzen können, längst zurückgeben müssen. Das ohnehin viel zu lange hinausgeschobene Bemühen der nordrhein-westfälischen Behörden, kurz vor der Landtagswahl dieses Problem zu lösen, wirkt hilflos und ist nicht geeignet, die zur Durchführung einer Landtagswahl erforderliche Gewähr für zutreffende Wählerlisten zu bieten. Die Situation ist in der Geschichte demokratischer Wahlen einzigartig: Die für eine Wahl verantwortlichen Behörden, Wahlämter und Wahlleiter wissen, daß die Wählerlisten in Zehntausenden von Fällen falsch sind, ohne diese Fälle aber aus eigener Kraft aufklären zu können. Fest steht aber, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durch die Teilnahme von Ausländern an einer Wahl grundsätzlich „demokratische Legitimation nicht vermittelt“ werden kann. Eine Lösung des Problems und damit die Wiederherstellung der bereits verlorenen Grundlage eines demokratischen Staates in Deutschland (ohne eindeutige Definition des Staatsvolkes ist Demokratie nicht möglich) kann nur durch sehr konsequente und harte Maßnahmen in verschiedener Richtung gelingen. Es bleibt nichts anderes übrig, als durch Bundesgesetz schnellstens allen eingebürgerten Türken im Hinblick auf den von dieser Volksgruppe mit Unterstützung ihres Heimatstaates getriebenen massenhaften Mißbrauch jedenfalls das Wahlrecht zu entziehen und sie aus den Wählerlisten zu streichen. Die Streichung wäre rückgängig zu machen, wenn die Betroffenen durch eine von einem deutschen Konsulat überbe-glaubigte Erklärung des türkischen Staates nachweisen, daß sie nicht türkische Staatsbürger sind (Negativ-Atteste). Daß von dieser Maßnahme auch diejenigen eingebürgerten Türken betroffen werden, die sich gesetzeskonform verhalten haben, muß nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hingenommen werden: Der deutsche „ordre public“ und damit die Aufrechterhaltung eines demokratischen Staates haben absoluten Vorrang. Wenn die Zeit – wie abzusehen – bis zum Erlaß eines entsprechenden Bundesgesetzes nicht reicht, muß die NRW-Wahl verschoben werden: Es geht nicht an, daß ein Staat eine Wahl ansetzt, von der von vornherein feststeht, daß sie wegen der Beteiligung von zahlreichen Nichtwahlberechtigten anfechtbar sein wird. Darüber hinaus müßten harte diplomatische Schritte gegenüber der Türkei ergriffen werden, um deren allen völkerrechtlichen Regeln widersprechendes Verhalten gegenüber Deutschland abzustellen. Nach sieben Jahren Herrschaft ist es Rot-Grün gelungen, durch Unfähigkeit oder sogar in stiller Kumpanei mit der Türkei und den eingewanderten Türken die Definierbarkeit des eigenen Wahlvolkes zu zerstören. Die das eigene Staatsvolk als Souverän dieses Landes verhöhnende Aufschrift auf einer Kiste im Reichstag „Der Bevölkerung“ ist schlimme Realität geworden. Soll es bald so sein, daß jeder in Deutschland wahlberechtigt ist, der sich zufällig am Wahltag in Deutschland aufhält? Dadurch ist eine verfassungsfeindliche Aktivität entfaltet worden, die alles übertrifft, was jemals diesen Staat durch Aktivitäten von Links- und Rechtsextremisten bedroht haben mag. Auszuschließen ist die Annahme, die Behörden seien durch das Verhalten der Türken und des türkischen Staates überrascht worden. In Wirklichkeit war das Verhalten der eingebürgerten Türken voraussehbar, in vielen Einzelfällen auch im Volk bekannt. Der Staat hätte mit der Türkei deshalb von vornherein klare Vorkehrungen treffen müssen, damit ein solcher Mißbrauch unterbunden wird. Was hier vorliegt, ist ein von der Bundesregierung und ihrer Mehrheit mit zu verantwortender „Größter Anzunehmender Unfall“ (GAU) des demokratischen Rechtsstaates. Ein solcher Staat droht als „Bananenrepublik“ auch international allgemeiner Lächerlichkeit anheimzufallen: ein sehr bemerkenswertes Ergebnis der von der gegenwärtig herrschenden Koalition entfalteten „Regierungskunst“. Dr. Wolfgang Philipp ist Rechtsanwalt. Auf dem Forum schrieb er zuletzt über das Antidiskriminierungsgesetz (JF 8/05).

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