Traditionell findet bei der Deutschen Bahn (DB) alljährlich rund zwei Wochen vor Weihnachten ein Fahrplanwechsel statt. Doch in diesem Jahr hat die Bahn zu Beginn der Adventszeit zunächst einmal für andere Schlagzeilen gesorgt: Das Unternehmen gab am 25. November bekannt, daß die Konzernspitze erwäge, die Sparte Logistik, eventuell aber auch die DB-Zentrale von Berlin nach Hamburg zu verlegen. Obwohl der Pressemitteilung keine näheren Informationen über die Gründe zu entnehmen waren, wurde schnell von vielen Medien und der Wirtschaft über die Gewährung von Vergünstigungen bei einer Ansiedlung in der Hansestadt spekuliert. Parallel dazu hatte Bahnchef Hartmut Mehdorn mehrfach öffentlich seinen Ärger über die Berliner Landespolitik formuliert. Denn die Regierung unter Klaus Wowereit (SPD) hatte sich der Kritik zahlreicher Fahrgäste und Anlieger angeschlossen, die mit Unterschriftenaktionen gegen die weitestgehenden Einstellung des Fernzugverkehrs am Bahnhof Zoologischer Garten protestieren. Schwarze Zahlen auf Kosten des Nahverkehrs An diesem Bahnhof in unmittelbarer Nähe zum westlichen Zentrum der Hauptstadt sollen nach den Plänen der DB nach der Inbetriebnahme des neuen Hauptbahnhofs am ehemaligen Lehrter Bahnhof im Jahr 2009 fast nur noch Nahverkehrszüge halten. Nach der Bekanntgabe der Umzugspläne hatte sich Wowereit an die Bundesregierung gewandt, um den Bahnchef, dessen Unternehmen sich nach wie vor in staatlicher Hand befindet, zum Einlenken zu bewegen. Nach einem Gespräch, an dem sich auch die neue Kanzlerin Angela Merkel beteiligte, zog Mehdorn seine Planungen zunächst zurück, um sie dann wieder zu erneuern. Den erneuten Anstieg der Bahnpreise im Fern- und Nahverkehr ab dem 11. Dezember werden dagegen weder Bundes- noch Landespolitik verhindern. Im Fernverkehr wird die Bahnfahrt um rund drei Prozent teurer. Die Nahverkehrspreise werden ebenfalls um rund drei Prozent steigen. Der Preis für Monatskarten wird sich um rund 2,2 Prozent, der Preis von Wochenkarten um rund 2,9 Prozent erhöhen. Um durchschnittlich drei Prozent teurer werden auch die Preise der BahnCards, mit denen der Reisende ein Jahr lang 25 respektive 50 Prozent Ermäßigung pro Fahrt – ausgenommen in Verkehrsverbünden – erhält. Zudem wird der bisherige Mitfahrerrabatt für Nutzer der BahnCard 50 gestrichen, die bislang bis zu vier Personen zum halben Preis mitreisen lassen konnten. Nur der Preis für Sonderangebote im Nahverkehrsbereich wie das Schöne-Wochenend-Ticket, dessen Absatz seit dem vergangenen Jahr um fast 30 Prozent zurückgegangen ist, wird sich nicht erhöhen. Begründet werden die Teuerungen mit den gestiegenen Energiekosten sowie mit dem Wegfall der staatlichen Kostenerstattung für Schwerbehindertenfahrten im Nahbereich. Als Begründung für den Wegfall der Mitfahrerermäßigung bei BahnCard-Inhabern, welcher bislang als das wichtigste Angebot der Bahn galt, um gegenüber dem Auto und Billigfliegern einigermaßen mithalten zu können, gibt die DB „Unrentabilität“ an. Es komme zu selten vor, daß sich Paare oder kleine Gruppen spontan zu einer Bahnfahrt zusammenschlössen, so das Unternehmen. Mit vermeintlichem „Mißbrauch“ hatte die Bahn im vergangenen Jahr die Pflicht für Wochenend- und Ländertickets begründet, nunmehr mit dem Eintrag des eigenen Namens diese Sonderangebote nur noch personenbezogen nutzen zu können, sowie das Verbot, diesen Fahrschein Dritten oder spontanen Reisebekanntschaften zu überlassen. Die Fahrpreiserhöhungen im Dezember 2004 hatten dafür gesorgt, daß der Umsatz der Bahn im Inlandsgeschäft um rund 16 Prozent von 2,4 auf nur noch zwei Milliarden Euro einbrach. Die Verluste konnten nur teilweise durch eine Erhöhung der Auslandserlöse von 1,9 auf 2,1 Milliarden Euro im gleichen Zeitraum ausgeglichen werden. Insgesamt sank der Umsatz um rund fünf Prozent. Zugleich hatte die Bahnindustrie versucht, ihre Verluste zu kompensieren, indem sie im ersten Halbjahr 2005 abermals fast 1.800 Arbeitsplätze abbaute, was rund 4,5 Prozent aller Beschäftigten der DB entspricht. Umwelt- und Fahrgastverbände wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschlands (BUND) und Pro Bahn äußerten daher bereits deutliche Kritik an den neuen Erhöhungen. Befürchtet wird, daß die Bahn erneut Kunden verliert. Dem Vorsitzenden des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, sind besonders die Mehrbelastungen für Stammkunden ein Dorn im Auge. Zudem versuche die DB, auf Kosten des Nahverkehrs mit aller Macht den Fernverkehr wieder „in die schwarzen Zahlen“ zu schieben, der in besonderem Maße zum starken Verlusten im Inlandsgeschäft beigetragen hat. Dessenungeachtet verbuchte die Deutsche Bahn für 2005 einen Überschuß von mehr als 500 Millionen Euro und sieht sich im Plan des avisierten Börsenganges. „Bahn bilanziert sich börsenreif“, resümierte dagegen die Leipziger Volkszeitung unter Berufung auf Naumann: Die Bahn solle endlich ehrliche Zahlen auf den Tisch legen. „Wichtige Investitionen in die Erhaltung des Netzes bleiben aus“, so Naumann. „Diese gesparten Investitionen als Gewinn zu verbuchen, ist ein starkes Stück.“