Angela Merkel, in einem Interview (mit der Zeit) gefragt, was denn für sie das Kriterium politischer Radikalität sei, die es zu bekämpfen gelte, antwortete schlicht und ergreifend: die Leugnung der Singularität des Holocaust. Selten hat sich eine politische Führungsfigur schneidender blamiert. Selbst überzeugte Anhänger der CDU/CSU-Vorsitzenden schüttelten die Köpfe. Sie hätte ja zum Beispiel antworten können: die Ablehnung der Demokratie. Oder: der Aufruf zu Gesetzlosigkeit und Gewalt. Das wäre genuin politische Sprache gewesen. Aber nein, es mußte die „Leugnung der Singularität“ sein. Das heißt (nach der mittlerweile üblichen Sprachregelung), daß der Holocaust in keiner Weise mit anderen politischen Verbrechen der Weltgeschichte verglichen werden darf. Wer trotzdem vergleicht, ist nach Meinung von Merkel, die – aufgewachsen in finsterster DDR-Provinz – offenbar nur noch in Sprachverboten denken kann, ein Radikalinski, gegen den sie alle Kräfte ihrer Politik ausrichten will. Da Sprache aber nun einmal auf Vergleichen beruht, da man auch über eine Singularität nur vergleichend reden kann, bedeutet das Merkelsche Diktum im Klartext: „Wer im Umkreis einer bestimmten, von Tabu umstellten politischen Thematik überhaupt die Sprache zu gebrauchen wagt, ist mein Feind und wird von mir gnadenlos kriminalisiert.“ Bei solcher Programmatik kann man nur seufzen: Gott behüte uns vor einer Kanzlerin Merkel!