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Präsidiale Verirrungen

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Wäre der polnische Ministerpräsident Jarosław Kaczyński nicht so diplomatisch tölpelhaft und agierte nicht ständig nur reflexhaft, hätte er aus der Rede von Bundespräsident Horst Köhler am Tag der Heimat für seine Argumentation gegen die deutschen Vertriebenen jede Menge Nektar saugen können, statt sich immer weiter zu isolieren. So zürnte er Richtung Köhler und Bund der Vertriebenen (BdV) über „eine große vom Staat unterstützte Gruppierung in Deutschland“, die lästigerweise ständig das häßliche Wort Vertreibung im Munde führe. Diese Aufgeregtheit Kaczyńskis konnten viele polnische BdV-Kritiker nur noch mit Augenrollen quittieren, da Köhlers Rede kaum kritikwürdig schien. In der Tat hatte der promovierte Volkswirt mit seiner historischen Einschätzung, es gebe in Deutschland „keinen Zweifel daran, daß die Vertreibungen am 1. September 1939“ begönnen, polnischen Staatshistorikern nur zugearbeitet. Die Gazeta Wyborcza bejubelte folglich seine Worte als „positiv aus polnischer Sicht“. Dieses Weltbild spart freilich jeden polnischen chauvinistischen „Westgedanken“ ebenso aus wie die Vertreibung Deutscher aus Posen und Westpreußen nach 1919. Das jüngst vom polnischen Sejm-Marschall Marek Jurek gezeichnete Bild, daß Polen in Potsdam 1945 nur Objekt gewesen sei und die Oder-Neiße-Grenze praktisch aufgenötigt bekommen habe, würde noch schärfere Konturen erhalten. Ein derart fragiles historisches Fundament verkraftet keine bilaterale Zukunft. Die derzeitige deutsch-polnische Eiszeit dürfte als Beleg für die bisherige mangelhafte historische Aufarbeitung zur Mahnung gereichen.

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