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Transformation heißt das Zauberwort

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Die Paukenschläge kamen am zweiten Tag. Auf der sicherheitspolitischen Tagung, die vom Bundesminister der Verteidigung und von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in der vergangenen Woche in Berlin veranstaltet wurde, bekannte sich der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Klaus Naumann zu seinem Pessimismus: Europäische Union (EU) und Nato seien in einem gleich schlechten Zustand. Für die USA sei die Nato nur ein Werkzeug; die Partner seien von Gleichberechtigung weit entfernt. Bei der EU müßten die sicherheitspolitischen Fähigkeiten mächtig entwickelt werden, wolle sie ernst genommen werden. Ulrike Guérot, Direktorin Außenpolitik-Europa des German Marshall Fund und unter den hochkarätigen Sicherheitsexperten eher eine Außenseiterin, glaubte dagegen an die EU. Sie sei fundamental anders als Nato und UNO, keine internationale Organisation, sondern ein „werdender“ Staat, „supranational“, der 80 Prozent der europäischen Sicherheitsaufgaben lösen könne. Die Nato sei dann nur noch für die restlichen 20 Prozent zuständig und könne ein „Verbindungsglied“ zwischen den USA und der EU bilden. Guérot („Ich bin europäisch sozialisiert“) bekannte sich aus außenpolitischen Gründen zur Aufnahme des Nato-Mitglieds Türkei in die EU, sah damit allerdings in der Innenpolitik riesige Probleme auf Europa zukommen. Für die Lösung dieses Dilemmas gab sie keine Hinweise. Die meisten Teilnehmer der Tagung waren aber noch durch ihre eigene Nation sozialisiert und mochten die Amerikaner nicht aus Europa ausschließen. Vor allem József Czukor, Generaldirektor des Informationsdienstes in Ungarn, machte sich zum Sprecher der neuen EU-Mitglieder, wenn er meinte, die Notwendigkeit einer Wahl zwischen Europa und den USA müsse unbedingt vermieden werden. Vor allem im Kampf gegen den Terrorismus brauche man eine „einheitliche Strategie“. Deutschland sei zwar noch der größte Investor in Ungarn. Auf Platz zwei folgen aber bereits die USA. Ungarn verfüge nur noch über eine Armee von 30.000 Berufssoldaten, von denen tausend in internationalen Einsätzen gebunden seien. Das übersteige bereits seine Kräfte. Die Bildung gemeinsamer Einheiten mehrerer Staaten sei notwendig, wobei er an Ungarn, Slowenien und Italien dachte. Operationen sollen „vernetzt“ geführt werden Die mangelnde Bereitschaft der Deutschen, genügend Geld in die gemeinsame Sicherheit zu investieren, wurde zwar oft angesprochen, aber selten vertieft. Den Hinweis von Karl Feldmeyer (FAZ), die Bundeswehr verfüge künftig nur noch über 350 Kampfpanzer gegenüber 5.000 im Jahre 1989, über 265 Flugzeuge gegenüber damals tausend und über acht von einstmals sechzig Panzergrenadierbataillonen, nahm man schweigend zur Kenntnis. Allen Teilnehmern war klar, daß Europa damit im Vergleich zu Amerika weiter an Bedeutung verlieren muß. Dies bedauerte insbesondere der Amerikaner Hans Binnendijk, Direktor des Center for Technology and National Security Policy an der National Defense University, der – im Gegensatz zu früheren Aussagen von Präsident George W. Bush und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld – klar bekannte: Die USA brauchen Alliierte! Für Frankreich wies Marc Perrin de Brichambaut, Direktor des Stabs für strategische Angelegenheiten im Verteidigungsministerium, darauf hin, derzeit seien bereits 70.000 europäische Soldaten im Auslandseinsatz, wünschenswert seien 120.000. Die Leistungsfähigkeit von Nato und EU hänge davon ab, welche Mittel ihre Mitglieder zur Verfügung stellen wollen. Die EU habe dabei andere Optionen als die Nato, sei zum Beispiel besser im schnellen Einsatz ziviler und polizeilicher Kräfte, könne aber kein Gegengewicht zu den USA bilden. Frankreich habe seinen Verteidigungshaushalt von 2003 auf 2004 um 14 Prozent erhöht. Brichambaut forderte, die USA müßten sich auch politisch stärker in der Nato engagieren. Diese sei mehr als nur eine Hilfsorganisation für Amerika. Der gastgebende Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung Walter Kolbow, der den erkrankten Minister Peter Struck (SPD) vertrat, sprach über „Transformation der Bundeswehr – welche Aufgaben, welche Ziele?“ „Transformation“ ist das neue Zauberwort, mit dem die unlösbare Aufgabe verschleiert werden soll, die Bundeswehr mit erheblich weniger Mitteln (auch der Haushalt 2005 bringt laut Kolbow wieder „schmerzliche, aber notwendige“ Kürzungen) für künftige Einsätze überall in der Welt und gegen den internationalen Terrorismus fit zu machen. Jedenfalls bleibt die Wehrpflicht, weil nur so genügend bezahlbare Soldaten (jeweils 30.000) mit erwünschten Vorkenntnissen gewonnen werden können. Helfen soll weiterhin die Unterscheidung zwischen „operativen Eingreifkräften“ (35.000), „Verfügungskräften“ für friedenserhaltende Einsätze (70.000) und „Unterstützungskräften“ (147.500 Mann). Natürlich sollen ihre Operationen „vernetzt“ geführt werden. Der Prozeß reicht bis weit über das Jahr 2010 hinaus Seitens der Militärs wurde bezweifelt, ob die neuen Streitkräfte-Kategorien den Realitäten etwa in Afghanistan gerecht werden. Schließlich müßten gegebenenfalls alle Soldaten, auch die, die nicht zu den Eingreifern gehören, kämpfen können, was ausreichende gepanzerte Fahrzeuge erfordert, die nicht vorhanden sind. Aber Kolbow hatte schon vorsorglich darauf hingewiesen, „Transformation“ sei ein Prozeß, der weit über das Jahr 2010 hinaus reiche und „alles“ umfasse. So haben auch zukünftige Regierungen die Möglichkeit, an den militärischen Strukturen von Fall zu Fall herumzudoktern. Das Berliner Forum Sicherheitspolitik vereinte alles, was in Deutschland auf diesem Gebiet Rang und Namen hat. Dazu paßt, daß die Politik mit etwa zehn Parlamentariern sehr schwach vertreten war. Das entspricht dem Interesse, das man auch sonst im Bundestag den Schicksalsfragen der Nation entgegenbringt.

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