Trotz allem daran festzuhalten, daß der Mensch eine Welt und in ihr eine Zukunft haben kann, in der die Rede von der Humanität zwar stets fragwürdig, aber niemals sinnlos ist.“ So endet in der Welt, zu Ehren seines 100. Geburtstags, der Adorno-Artikel des Berliner Philosophen Volker Gerhardt. Das ist wohl eine zeitgemäße Übersetzung der Poesiealbum-Weisheit: „Schiffe ruhig weiter, wenn der Mast auch bricht, Gott ist Dein Begleiter, er verläßt Dich nicht.“ Wer solche Banalitäten der Springer-Presse anvertraut, kommt in Kanzler Schröders Nationalen Ethikrat und darf bei C.H.Beck, wo einst der Kommentar zu den Nürnberger Rassengesetzen erschien, gern eine „Kleine Apologie der Humanität“ publizieren. Er sollte sich aber nicht mit dem Versuch blamieren, Carl Schmitts „Begriff des Politischen“ zu interpretieren. Erwartbar gelangt er denn auch zum Befund, es mit des Plettenbergers „Anti-Theorie“ des Politischen zu tun zu haben. Wäre Gerhardt der einzige Fehlgriff des Herausgebers Reinhard Mehring bei der Auswahl der Beiträger zum „kooperativen“ Kommentar eines klassischen Textes politischer Philosophie gewesen – sei’s drum. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr bestätigen die Anstrengungen der meisten Zulieferer: Es gibt heute keinen anti-römischen, sondern nur noch einen Anti-Schmitt-Affekt. Hier verdichtet sich eine erschreckende, die Generationen von 1927 bis 1966 übergreifende ideologische Homogenität, ein Männerbund, der, wie es der Münkler-Schüler Bernd Ladwig formuliert, einzig und allein um die „Geltung der Menschenrechte“ ringt. Allein Hans-Christof Kraus und Henning Ottmann wollen sich nicht so ganz in die fest geschlossene Reihe der Anti-Schmittisten einfügen. Insoweit ist dieser Band ein unentbehrliches Dokument, um einst das Niveau bundesdeutscher politischer Reflexion zu beglaubigen. Nur über Schmitts Text wäre man gern präziser informiert worden. Daß er in der Weimarer Republik entstanden ist, hätte man vergessen, wenn nicht beiläufig von „Bonner Jahren“ des unterm französischen Auge tätigen Staatsrechtslehrers die Rede gewesen wäre. Carl Schmitt: Der Begriff des Politischen. Ein kooperativer Kommentar. Akademie Verlag, Berlin 2003, 251 Seiten, 28,80 Euro