Mit Erstaunen nahmen am vergangenen Samstag Passanten auf dem Berliner Alexanderplatz die Forderung nach „Wiederherstellung des Deutschtums durch Rückbesinnung auf unser Volkstum“ zur Kenntnis, denn partout wollten den nationalen keine aggressiven Töne folgen. Vermutlich hatte so mancher der mißtrauisch Stehengebliebenen vorurteilsgemäß mit Ausfällen etwa „gegen Ausländer“ gerechnet – sah aber seine Erwartungen enttäuscht. Und als dann auf eine Musikeinlage des Liedermachers Jörg Hähnel, in der dieser vom „Deutschen Reich“ sang, etwas später zwei Mädchen aus der bündischen Szene mit „Freude schöner Göttterfunken“ folgten, war die Verwirrung komplett. „Wie paßt das zusammen?“ war von einem der Umstehenden verwundert zu vernehmen. Wie gut das zusammenpaßt, erläuterte schließlich Veranstalter Baldur Springmann (Interview JF 28/03), dessen „Aktionsgemeinschaft der Deutschlandliebenden“ (AGDL) zur Demonstration für ein Freudenmal in Berlin als zentrale Gedenkstätte für die 1990 glücklich vollzogene Wiedervereinigung aufgerufen hatte. Springmann, in den siebziger Jahren Mitbegründer der Grünen, hatte, 1912 geboren, in seiner Jugend jene Vorkriegsepoche miterlebt, in der für die Mehrheit der Deutschen noch Deutschtum mit Edelmut und Kultursinn identisch war. Gehofft hatte Springmann nach eigener Aussage auf „10.000 Teilnehmer“, gerechnet allerdings lediglich „mit mindestens zehn“ – tatsächlich gelang es immerhin, über 150 Anhänger zu versammeln. Damit können die Veranstalter zu Recht von einem „Achtungserfolg“ sprechen. Was die Öffentlichkeitswirksamkeit anbelangt, blieb die Veranstaltung jedoch in den Startlöchern stecken. Wer nicht zufällig direkt den Versammlungsort kreuzte, bekam vom Anliegen der Demonstranten wegen zu kleiner Transparente und einer hoffnungslos untermotorisierten Verstärkeranlage nicht viel mit. Trotz Ankündigungen im Internet war die örtliche autonome Antifa nicht zu sehen, obgleich der Alexanderplatz ebenso wie große Teile der übrigen Stadt gerne als Aufmarschgebiet genutzt wird, wie auch schon die CDU-Bundesvorsitzende samt damaligem Kanzlerkandidaten bei der gemeinsamen Wahlkampfauftakt-Veranstaltung im Frühjahr 2002 leidvoll erfahren mußten. Erst nach etwa einer Stunde hatte die Nachricht offenbar die Runde gemacht, und etwa fünfzig „Antifaschisten“ versammelten sich spontan zu einer Gegendemonstration. Da sich über den beleidigend gemeinten Sprechchor „Ihr seid Deutsche!“ unter den Deutschlandliebenden offenbar niemand ärgern wollte, wechselten die Gegendemonstranten bald zum höhnischen Schlachtruf „Stalingrad – jede Sekunde ein deutscher Soldat!“ Unterdessen formierte sich die Springmann-Versammlung zum Demonstrationszug und zog unter massivem Polizeischutz entlang des Boulevards Unter den Linden bis zum Pariser Platz. Den „Antifaschisten“ muß die Strecke dann doch zu lang gewesen sein, und so konnte die Abschlußkundgebung vor dem Brandenburger Tor schließlich ungestört stattfinden und mit dem Singen aller drei Strophen des Deutschlandliedes beendet werden. Foto: Demonstranten auf dem Pariser Platz: „Deutschtum und Edelmut“