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Gerüstet für einen russischen Winter

Gerüstet für einen russischen Winter

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In den letzten Jahren war die Ausbeute an qualitativ guten literarischen Erzeugnissen des Messe-Herbstes eher gering – gemessen am Feuerwerk, das den Leser dieses Jahr erwartet. Neben den unzähligen Sachbuchtiteln, die sich – wie schon in den letzten beiden Jahren nach dem 11. September – hauptsächlich um geopolitische Themen drehen, drängt sich der Eindruck auf, daß die Dürftigkeit der Vergangenheit in der belletristischen Sphäre nur einem ausholenden Luftschnappen für den jetzigen Stoßseufzer geschuldet war – ausgebracht von den „alten Schlachtrössern“ der deutschen literarischen Landschaft. Denn neben Walter Kempowski, der mit „Letzte Grüße“ zugleich sein prosaisches Testament ankündigt, Martin Walser, Botho Strauß, Christa Wolf und Günter Grass tragen viele Bewährte aus dem vergangenen Jahrhundert zum reichen Literaturherbst bei. Warum gerade jetzt dieser Erguß an Geist auftritt, läßt sich nur mutmaßen. Die grassierende „deutsche Krankheit“ mit ihrem gesellschaftlichen Stillstand und der bleiernen Reformunfähigkeit, die auch – aber nur am Rande – mit dem wirtschaftlich rezessiven Klima begründet werden kann, bietet keine Aufbruchstimmung. Vielleicht provozierte die Flachheit prominenter Lendengeschichten der Bohlen, Küblböck, Abdel Farag und anderer diese literarische „Alte Garde“ zum letzten Aufbäumen. Möglicherweise braucht geistige Regung aber gerade schlechte wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Bestes Beispiel bietet der russische Büchermarkt, auf den dieses Jahr das Augenmerk in Frankfurt gerichtet ist. Da ist an Newa und Wolga ein reiches literarisches Leben entstanden, obwohl gerade die „denkende und die lesende Klasse“ in Rußland keinen oder nur geringen Anteil am Wachstum der vergangenen Jahre hatte und eher resignieren müßte. Die weniger intellektuellen „neuen Russen“, die ihre exorbitanten Vermögen aus verschiedener Art von „Business“ eher in Form teurer Klunker an der Côte d’Azur als in großen Bibliotheken präsentieren, haben diese Renaissance in Rußland kaum angeregt oder gar dazu beigetragen. In diesem Sinne dürfte einem in Zukunft vor russischen Verhältnissen in Deutschland nicht bange werden – zumindest für die nächsten Monate sind wir für einen russischen Winter literarisch ausreichend gerüstet.

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