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Deutsche Arbeitszeit ist zu teuer

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Unwort, Umfrage, Alternativ

Der Euro hat – zumindest in der Statistik – doch etwas Gutes: Denn durch die starke Aufwertung der norwegischen Krone gegenüber der Einheitswährung ist Westdeutschland bei den internationalen Arbeitskosten 2002 das erste Mal seit vielen Jahren nicht mehr Weltmeister.

Vielmehr hat Norwegen nach einer Studie des Institutes der deutschen Wirtschaft (IW) jetzt diesen Spitzenplatz inne. Neben den Währungsturbulenzen machte sich in dem skandinavischen Land auch der starke Anstieg der Arbeitskosten um fünf Prozent negativ bemerkbar. Insgesamt kommt Norwegen dadurch auf einen Kostensatz je Arbeitsstunde von umgerechnet 28,52 Euro gegen 26,36 Euro in Westdeutschland.

Im hinteren Teil der Tabelle, genauer gesagt auf dem 18. von 21 Plätzen, liegt Mitteldeutschland mit 16,43 Euro. Das sind also fast zehn Euro weniger als in den neuen Bundesländern. Mit Abstand am billigsten ist eine Arbeitsstunde in Portugal mit nur 6,59 Euro, gefolgt von Griechenland mit 9,47 Euro. Die USA nehmen mit 22,44 Euro den achten Platz ein und Japan mit 8,12 Euro den elften Platz.

Trotz dieser auf den ersten Blick erfreulichen Entwicklung bei den Arbeitskosten hat sich den IW-Angaben zufolge die westdeutsche Position insgesamt zuletzt sogar etwas verschlechtert. Die Arbeiterstunde war im vergangenen Jahr in Westdeutschland um 28 Prozent teurer als im Durchschnitt der betrachteten Konkurrenzländer. 2001 waren es dagegen nur 25 Prozent. Der Kostennachteil ist damit in etwa so groß wie Ende der achtziger Jahre!

Das liegt nicht zuletzt an den Personalzusatzkosten. Hier behielt Westdeutschland mit 11,62 Euro je Arbeitsstunde seinen Weltmeistertitel. Deutlich abgeschlagen folgt Belgien mit 11,12 Euro. Die USA und Japan belegen auch hier mit 6,26 bzw. 8,12 Euro gute Mittelfeldplätze ebenso wie Mitteldeutschland mit 6,47 Euro. Auf dem letzten Platz liegt auch hier Polen mit 2,84 Euro. Griechenland liegt als Vorletzter mit 3,82 Euro schon fast um einen Euro über Deutschlands östlichem Nachbarstaat.

Ein Industriestandort muß nach Ansicht der Kölner Wirtschaftsforscher durch hohe Arbeitskosten aber nicht zwangsläufig im Abseits stehen. Wenn die Beschäftigten für ihre hohen Löhne und sozialen Extras eine entsprechend hohe Leistung erbringen, die Produktion also ebenfalls Spitze sei, könne dieser Kostennachteil wieder ausgeglichen werden.

Sehr wichtig seien Löhne und Zusatzkosten jedoch bei neuen Investitionen. Denn hierbei können die Unternehmen ihr Wissen und ihre Technik mitbringen, wodurch sich hohe Produktivität und niedrige Arbeitskosten miteinander kombinieren lassen. Besonders stark macht sich dies bemerkbar, wenn ein direktes Nachbarland deutlich niedrigere Arbeitskosten hat. Durch den Bau von Produktionsstätten in unmittelbarer Grenzlage können dadurch für die Firmen auch die zusätzlichen Transportkosten niedrig gehalten werden. Für den Heimatstaat macht sich dies jedoch durch niedrigere Steuereinnahmen und gegebenfalls auch durch andere Wettbewerbsnachteile, etwa lockerere Arbeitsschutz- und sonstige Vorschriften, negativ bemerkbar, von den Arbeitslosenzahlen gar nicht erst zu sprechen.

Dieses alles zusammen betrachtet macht Mitteldeutschland, das bei den Gesamtarbeitskosten im Vergleich der Industrieländer auf dem viertletzten Platz liegt, für Investitionen eigentlich sehr interessant. Zumal auch die Chancen gut sind, daß dieser Vorteil gegenüber den alten Bundesländern noch eine Zeit bestehen bleiben kann. Zwar stiegen die Kosten in den neuen Bundesländern zwischen 1992 und 1996 um durchschnittlich neun Prozent pro Jahr. Inzwischen hat sich dieses Tempo aber auf nur noch 3,1 Prozent (im Westen 2,4 Prozent) deutlich verlangsamt. Viele Wirtschaftswissenschaftler glauben aber nicht an stark steigende Investitionen in den mitteldeutschen Ländern, vor allem aufgrund psychologischer Ursachen. Hieran haben die Bestrebungen der Gewerkschaften um eine schnellstmögliche Angleichung des Einkommensniveaus an das Westniveau ungeachtet der schwachen Weltkonjunktur, der sich auch Deutschland trotz vieler hausgemachter Fehler der rot-grünen Bundesregierung nicht entziehen kann, einen entscheidenden negativen Anteil. Und in der Vergangenheit hat sich gezeigt, daß die Psychologie der weitaus wichtigere Faktor für Investitionsentscheidungen als die reine Faktenlage ist.

Für das laufende Jahr schätzt das Kölner Wirtschaftsforschungsinstitut die Aussichten für Gesamtdeutschland weniger rosig ein. So werde die Personalzusatzkostenquote aufgrund höherer Beitragssätze und Beitragsbemessungsgrenzen voraussichtlich um einen halben Prozentpunkt steigen. Zudem tendieren sowohl der japanische Yen als auch der amerikanische Dollar weit schwächer als im Vorjahresschnitt. Dadurch sieht die Kostenrechnung der internationalen Konkurrenz aber weitaus besser aus als hierzulande.

Damit sind nach Ansicht vieler Wirtschaftsforscher negative Auswirkungen sowohl auf den deutschen Arbeitsmarkt als auch auf den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht auszuschließen. Negativ macht sich dabei vor allem auch das Hin und Her der rot-grünen Bundesregierung bei den notwendigen Reformen bemerkbar.

Positive Ansätze werden durch den linken Flügel der beiden Regierungsparteien sowie die zunehmende Verweigerungshaltung der Gewerkschaften schon im Ansatz erstickt. Heraus kommt dann letztendlich ein Flickwerk, das die Probleme nur ein paar Jahre nach hinten verschiebt, so daß die dann notwendigen Reformen noch härter durchgreifen müssen, als wenn man sie jetzt schon in Angriff nähme.

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