BERLIN. Im ZDF-Sommerinterview hat Bundesfinanzminister Lars Klingbeil auf seiner Forderung nach Steuererhöhungen beharrt. Anders sei die drohende Milliardenlücke im Haushalt 2027 kaum zu schließen, sagte der SPD-Vorsitzende. Trotz beschlossener sogenannter Sondervermögen von rund einer Billion Euro und Rekordsteuereinnahmen kommt die schwarz-rote Bundesregierung nicht mit dem zur Verfügung stehenden Geld aus.
Insgesamt fehlten ihm 172 Milliarden Euro, allein für 2027 sind es 30 Milliarden Euro, sagte der Vizekanzler: Vor allem Menschen mit hohen Einkommen und hohen Vermögen müßten sich fragen: „Welchen Teil tragen wir dazu bei, daß dieses Land gerechter wird?“ Im Gegenzug wollen die Sozialdemokraten kleine und mittlere Einkommen entlasten. Davon sprach Klingbeil aber nicht konkret.
Die SPD sei immer der Meinung gewesen, daß Menschen, die Vermögen aufgebaut und hohe Einkommen hätten, einen Teil dazu beitragen müßten, daß die Gesellschaft gerechter werde, wiederholte Klingbeil. „Diese Grundüberzeugung gebe ich ja nicht auf mit Eintritt in eine Koalition.“
Klingbeil: „Enorme Kraftanstrengung“
Vor allem der Sozialetat seiner Kollegin und SPD-Co-Vorsitzenden Bärbel Bas läuft aus dem Ruder und erreicht neue Rekorde. Darunter ist auch das Bürgergeld, mit dem die Bundesregierung im Ausland wirbt. Es verschlingt so viel Geld wie noch nie zuvor. Laut dem Haushaltsentwurf der Regierung steigt dieser Etatposten um weitere fünf Milliarden auf nun 42,6 Milliarden Euro.
Klingbeil will die riesige Haushaltslücke aber nicht nur auf die Steuerzahler abwälzen. Er kündigte darüber hinaus eine „enorme Kraftanstrengung“ an, um Einsparungen im Kernhaushalt vorzunehmen. Er erwarte von allen Ministerien Sparvorschläge. „Das geht nur als Teamleistung.“ In der mittelfristigen Finanzplanung bis 2029 summiert sich die vorgesehene Neuverschuldung auf insgesamt 851 Milliarden Euro. In den Jahren 2027 bis 2029 gibt es noch eine Finanzierungslücke von rund 172 Milliarden Euro.
Merz schweigt, AfD kritisiert
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), der im Wahlkampf Steuererleichterungen für die Leistungsträger versprochen hatte, schweigt bisher zur Steuererhöhungsoffensive seines Vizekanzlers. Schon die Senkung der Stromsteuer für Verbraucher konnte er trotz einer entsprechenden Vereinbarung im Koalitionsvertrag nicht durchsetzen.
Kritik kam von der AfD. Deutschland habe kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem, verschwende Steuergeld und müsse etwa seine EU-Beiträge einer strikten Ausgabenkontrolle unterwerfen, sagte Finanzexperte Kay Gottschalk. Die Bundesrepublik falle als Investitionsstandort zurück, und „die dringend benötigten Fachkräfte bleiben aufgrund der zweithöchsten Steuer- und Abgabenbelastung der Welt unserem Land fern“. (fh)