BERLIN. Die Bundesregierung hat beim Berliner Verwaltungsgericht Beschwerde gegen eine juristische Entscheidung eingelegt, die sie verpflichtet, einer Afghanin und ihrer Familie Visa zur Einreise nach Deutschland zu erteilen. Der Fall betrifft das Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghanen, konkret eine Juradozentin und ihre 13 Familienangehörigen, die derzeit in Pakistan auf ein Visum warten, wie die dpa berichtet.
Das Verwaltungsgericht hatte am 7. Juli im Eilverfahren entschieden, daß die Bundesregierung sich durch nicht widerrufene Aufnahmebescheide rechtlich zur Aufnahme der Familie verpflichtet habe. Die Bundesregierung könne laut Gericht nicht von dieser freiwillig eingegangenen Verpflichtung zurücktreten. Zudem seien keine Sicherheitsbedenken geäußert worden, und die Identität der Familienangehörigen sei mittlerweile geklärt.
Bundesregierung sei „rechtlich verpflichtet“, die Familie aufzunehmen
Die Familie habe glaubhaft dargelegt, daß ihr Leben unter der Herrschaft der Taliban in Afghanistan bedroht sei. Daher sei die Bundesregierung „rechtlich verpflichtet, die Zusagen umzusetzen, und zwar schnell. Ansonsten drohen Schäden, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können“, betonte der Richter.
Mit der eingelegten Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg könnte es nun zu weiteren Verzögerungen kommen. Laut dem Auswärtigen Amt warten rund 2.400 Afghanen in Pakistan auf ein Visum, darunter auch viele, die sich für Gleichberechtigung, Demokratie, Journalismus und Kunst eingesetzt haben. Für die betroffenen Personen werde nun rasch die Unterbringung, Versorgung und Betreuung vor Ort organisiert, betonte das Innenministerium.
Mehr als 2.000 Personen warten auf Visa
Nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 waren verschiedene Aufnahmeprogramme aufgelegt worden. Diese stellte die neue Bundesregierung aus SPD und Union Anfang Mai ein. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes vom 20. Juni warteten zu diesem Zeitpunkt etwa 2.400 Personen mit Aufnahmezusage in Pakistan auf Visa.
Das Verwaltungsgericht Berlin hatte im Juni entschieden, daß Zurückweisungen von Personen, die sich bei Grenzkontrollen auf deutschem Staatsgebiet befinden und ein Asylgesuch äußern, rechtswidrig sind. In mehreren Eilverfahren gaben die Richter im Juni drei somalischen Antragstellern recht, die von der Bundespolizei nach ihrer Einreise aus Polen zurückgewiesen worden waren. (lb)