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Krieg via Ramstein: Karlsruhe weist Verfassungsbeschwerde zu US-Drohneneinsätzen ab

Krieg via Ramstein: Karlsruhe weist Verfassungsbeschwerde zu US-Drohneneinsätzen ab

Krieg via Ramstein: Karlsruhe weist Verfassungsbeschwerde zu US-Drohneneinsätzen ab

Doris König, Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts, und Christine Langenfeld, Richterin im Zweiten Senat, beim feierlichen Aufsetzen ihrer roten Baretts während der Urteilsverkündung. Das Verfahren betrifft die Verfassungsbeschwerde zweier Jemeniten gegen die Mitwirkung Deutschlands an US-Drohneneinsätzen über die Air Base Ramstein. Beide tragen die rote Amtstracht des Gerichts. Im Hintergrund ist eine weitere Richterin zu sehen, leicht unscharf.
Doris König, Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts, und Christine Langenfeld, Richterin im Zweiten Senat, beim feierlichen Aufsetzen ihrer roten Baretts während der Urteilsverkündung. Das Verfahren betrifft die Verfassungsbeschwerde zweier Jemeniten gegen die Mitwirkung Deutschlands an US-Drohneneinsätzen über die Air Base Ramstein. Beide tragen die rote Amtstracht des Gerichts. Im Hintergrund ist eine weitere Richterin zu sehen, leicht unscharf.
Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts Doris König und Richterin Christine Langenfeld beim Aufsetzen der Baretts: Karlsruhe urteilt zu US-Drohneneinsätzen via Ramstein. Foto: picture alliance/dpa | Uli Deck
Krieg via Ramstein
 

Karlsruhe weist Verfassungsbeschwerde zu US-Drohneneinsätzen ab

Das Bundesverfassungsgericht erkennt keine Pflicht Deutschlands, US-Drohneneinsätze über Ramstein zu unterbinden. Die Kläger aus dem Jemen bleiben erfolglos. Dennoch deutet Karlsruhe eine gewisse Mitverantwortung an.
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KARLSRUHE. Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag die Verfassungsbeschwerde zweier jemenitischer Staatsangehöriger zurückgewiesen. Ihre Angehörigen waren 2012 bei einem US-Drohnenangriff im Jemen getötet worden, der technisch über die Air Base Ramstein in Rheinland-Pfalz unterstützt worden sein soll.

Die Kläger hatten der Bundesrepublik Deutschland vorgeworfen, ihre Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz verletzt zu haben. Ihre zentrale Forderung: Deutschland hätte verhindern müssen, daß US-Drohnen von deutschem Boden aus für gezielte Tötungen eingesetzt werden. Die Nutzung der militärischen Infrastruktur, insbesondere der Relaisstation auf Ramstein, stelle aus ihrer Sicht einen zurechenbaren Beitrag zu einem völkerrechtswidrigen Angriff dar.

Satellitenstation mit deutscher Duldung

Das Bundesministerium der Verteidigung war nach Angaben des Gerichts bereits 2010 und 2011 durch die US-Streitkräfte über den Bau einer Satelliten-Relaisstation in Ramstein informiert worden. Diese diene ausdrücklich auch der Steuerung waffenfähiger Drohnen im Ausland. Deutschland habe dem Vorhaben damals im Truppenbauverfahren ausdrücklich zugestimmt und keine Einwände erhoben.

Vor den Fachgerichten hatten die Kläger zunächst teilweise Erfolg: Das Oberverwaltungsgericht Koblenz verpflichtete den deutschen Staat, sich aktiv zu vergewissern, daß der Einsatz der Relaisstation nur im Einklang mit dem Völkerrecht erfolge. Das Bundesverwaltungsgericht kassierte dieses Urteil jedoch auf Revision der Bundesregierung hin. Daraufhin zogen die Kläger nach Karlsruhe.

Zwei Bedingungen sind für eine Schutzpflicht relevant

Das Bundesverfassungsgericht betonte nun, daß Deutschland grundsätzlich eine Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte und der Kernnormen des humanitären Völkerrechts auch bei Auslandssachverhalten trage. Dieser allgemeine Schutzauftrag könne sich „unter bestimmten Bedingungen zu einer konkreten grundrechtlichen Schutzpflicht verdichten“.

Voraussetzung sei erstens ein „hinreichender Bezug zur Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland“, zweitens eine „ernsthafte Gefahr der systematischen Verletzung des anwendbaren Völkerrechts“. Beide Voraussetzungen müßten erfüllt sein.

Karlsruhe sieht keine systematischen Verstöße

Ob Ramstein einen hinreichenden Bezug zur deutschen Staatsgewalt herstelle, ließ das Gericht letztlich offen. Zwar könne die technische Infrastruktur in Ramstein und das Wissen der Bundesregierung einen besonderen Verantwortungszusammenhang begründen, doch allein der territoriale Kontakt oder das bloße Bereitstellen von Technik reiche nicht aus.

Entscheidend war für das Gericht, daß es keine „gewichtigen Anhaltspunkte“ für eine systematische Völkerrechtsverletzung durch die USA sah. Die Kritik an der US-amerikanischen Praxis – etwa an der weiten Definition legitimer Ziele oder an der intransparenten Einsatzpraxis – sei zwar nachvollziehbar, rechtfertige aber nicht die Annahme systematischer Verstöße.

Wörtlich heißt es: „Die hohe Zahl ziviler Opfer kann für sich genommen – ohne Hinzutreten weiterer Elemente – die ernsthafte Gefahr systematischer Verstöße gegen das hier einschlägige Völkerrecht nicht begründen.“

USA handeln völkerrechtlich „vertretbar“

Auch wenn sich die Rechtsauffassung der USA nicht mit der der Bundesrepublik decke, bewege sie sich laut Gericht noch innerhalb des völkerrechtlich Vertretbaren. Die Bundesregierung habe demnach mit ihrer Einschätzung, das Vorgehen der USA stelle keine systematische Verletzung des humanitären Völkerrechts dar, den ihr zustehenden außenpolitischen Einschätzungsspielraum nicht überschritten.

Zudem sei zu berücksichtigen, daß sich die USA im Laufe der Jahre freiwillig Beschränkungen auferlegt hätten, um zivile Opfer zu vermeiden und die Transparenz zu erhöhen. Auch das spreche gegen eine pauschale Annahme systematischer Rechtsbrüche.

Vertrauen unter Bündnispartnern besteht

Abschließend unterstrich das Gericht, daß ein gewisses Vertrauen zwischen Bündnispartnern auch rechtlich Gewicht habe: „Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA mag es im Einzelnen unterschiedliche Verständnisse hinsichtlich der Reichweite der gemeinsamen völkerrechtlichen Verpflichtungen geben. Dadurch wird das grundsätzlich zwischen Bündnispartnern herrschende Vertrauen in die Rechtmäßigkeit des Handelns des anderen aber jedenfalls so lange nicht infrage gestellt, wie sich die abweichende Rechtsauffassung im Rahmen des völkerrechtlich Vertretbaren hält.“

Eine Schutzpflicht Deutschlands gegenüber den jemenitischen Klägern sei deshalb nicht gegeben. (sv)

Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts Doris König und Richterin Christine Langenfeld beim Aufsetzen der Baretts: Karlsruhe urteilt zu US-Drohneneinsätzen via Ramstein. Foto: picture alliance/dpa | Uli Deck
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