BERLIN. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die anderen Bundestagsfraktionen für ihre Weigerung kritisiert, AfD-Politiker zu Ausschußvorsitzenden zu wählen. „Ich finde das falsch“, sagt der Politiker am Sonntag der Zeit. „Es geht doch nicht darum, ob wir der AfD die gleichen Rechte wie den anderen Fraktionen zugestehen. Nein, sie hat diese Rechte nun mal. Und wir wollen die AfD nicht in einer Märtyrerrolle stärken.“
Seine eigene Partei hatte sich bei den vergangenen Wahlen dagegen ausgesprochen, AfD-Kandidaten in den sechs Bundestagsausschüssen zu wählen – obwohl die Partei als zweitstärkste Kraft nach gängigen parlamentarischen Gepflogenheiten ein Vorschlagsrecht hätte. Begründet hatten das die Christdemokraten unter anderem mit dem Rechtsstreit, der aktuell wegen der Verfassungsschutz-Einstufung der Partei läuft.
Zudem rief der Politiker dazu auf, sich stärker mit den Inhalten der AfD auseinanderzusetzen. Daß dies bislang nicht erfolgt sei, habe einen großen Anteil daran, daß die Partei „heute so viel mehr Zuspruch und mehr Mandate hat als noch vor wenigen Jahren“. Vor allem beim Thema Migration müsse anerkannt werden, daß die Mehrheit der Bevölkerung in dieser Hinsicht einen Politikwechsel fordere.
Kretschmer: Prävention soll nicht ausschließlich Linken überlassen werden
Auch in der Extremismusprävention forderte Kretschmer ein Umdenken. Die Zunahme rechtsextremer Gewalt sei eine „besorgniserregende Entwicklung“, daher brauche es neue Ansätze. Viele in den vergangenen Jahren entstandenen „Demokratieprojekte“ seien zwar wertvoll, fänden aber häufig keinen Zugang zu „extremistischen oder autoritätskritischen Einstellungen“.
Es dürfe nicht „allein linken Initiativen“ überlassen bleiben, „rechtsextremen Tendenzen zu begegnen“, betonte Kretschmer. „Es braucht glaubwürdige Akteure, die Zugang zu diesen Milieus haben. Ein pädagogischer Ansatz, der von vorneherein ideologisch aufgeladen ist, schafft oft mehr Distanz als Nähe.“ Es brauche daher „Träger, die Vertrauen genießen“. Das funktioniere nicht „mit Gender-Sprache und Regenbogen“.
Wer junge Menschen dazu bringen wolle, sich zugehörig zu fühlen, und sie für die Demokratie gewinnen wolle, müsse „auch Begriffe wie Heimat oder Nation nicht automatisch problematisieren“. Umgekehrt würde „ja auch niemand auf die Idee kommen, Vertreter konservativer Vereine in linksextreme Szenen zu schicken – das funktioniert genauso wenig“. (lb)