Anzeige
Anzeige

Deutsches Kulturgut: Rettet den Dackel

Deutsches Kulturgut: Rettet den Dackel

Deutsches Kulturgut: Rettet den Dackel

Zwei rotbraune Langhaardackel stehen auf einem Holzsteg und sehen possierlich aus
Zwei rotbraune Langhaardackel stehen auf einem Holzsteg und sehen possierlich aus
Zwei Langhaardackel sitzen auf einem Holzsteg. Foto: IMAGO / blickwinkel
Deutsches Kulturgut
 

Rettet den Dackel

Er hat den Zarenhof verzaubert, Queen Victoria begeistert – und nun droht ihm das Aus: Der Dackel könnte durch eine Gesetzesreform zum Auslaufmodell werden. Das darf nicht sein.
Anzeige

Manch einer wird sich noch an ihn erinnern: den Wackeldackel. Die kleinen Kunststoffhunde mit dem locker im Rumpf steckenden Köpfchen zierten dereinst so manche Hutablage von Autos und grüßten andere Verkehrsteilnehmer mit einem fröhlichen Nicken. Zusammen mit den Hutablagen sind die Wackeldackel inzwischen weitestgehend aus dem Individualverkehr verschwunden – und das könnte nun per Gesetzesentwurf auch seinem lebenden Vorbild geschehen.

Bereits im vergangenen Jahr kündigte das Landwirtschaftsministerium die Erweiterung des Paragraphen 11b des Tierschutzgesetzes an: Der sogenannte „Qualzuchtparagraph“ untersagt Zuchtprogramme, bei denen jene Merkmale gesteigert werden, die zu schmerzhaften Gesundheitsschäden führen können. Ein sinnvolles Gesetz angesichts atemloser, mehr oder weniger nasenbefreiter Perserkatzen und Möpse sowie Schäferhunden, die aufgrund von Hüftschäden ihr Hinterteil nicht mehr heben können. Geschützt werden soll nun auch der Dackel, denn auch er leidet bisweilen unter Bandscheibenvorfällen aufgrund, so die Gesetzesvorlage, einer „Skelettanomalie“.

Was bedeutet das? Der Begriff der „Skelettanomalie“ und weiterer Krankheitsmerkmale seien im Gesetzentwurf nicht definiert, kritisiert Josef Ramacher, Präsident des Deutschen Teckelklub 1888 e.V., und könne zu einem Zuchtverbot für gesunde Hunde führen. Denn es liegt im individuellen Ermessen der rund 400 Veterinärämter, in welchen Fällen ein solches auszusprechen wäre. Eine neue Leitlinie der Tierschutz-Hundeverordnung legt allerdings genetische Merkmale fest, die als Beweis für eine Qualzucht gelten und zum Zuchtverbot führen sollen.

Hundeverbands-Vorsitzender: „Quellen wurden falsch ausgewertet“

Diese Merkmale jedoch tragen etwa 95 Prozent aller Dackel, auch rundum gesunde. Ausgearbeitet wurde die Leitlinie von einer „Expertenrunde“, der Projektgruppe AG Tierschutz der Bundesländer. Jörg Bartscherer, Vorsitzender des Verbands für das Deutsche Hundewesen (VDH), merkt dazu an: „Dabei sind eine Vielzahl von wissenschaftlichen Erkenntnissen ignoriert und Quellen falsch ausgewertet worden. Genetiker gab es in der sogenannten Expertenrunde meines Wissens nach nicht. Fachleute von den Tierärztlichen Hochschulen, die andere Auffassungen vertreten, sind offensichtlich bewußt nicht einbezogen worden.“

Züchter des Teckelklubs sind allerdings längst zu genauen Abstammungsüberprüfungen verpflichtet; mit Tieren, die ihre schmerzvollen Defekte voraussichtlich vererben werden, darf hier ohnehin nicht gezüchtet werden. Die Rate der Bandscheibenprobleme liegt daher bei unter 5 Prozent.

Der Dackel ist ein Kulturgut

Dennoch hängt die Erweiterung des Qualzuchtgesetzes wie ein Damoklesschwert über den Züchtern – wie auch über den Tieren selbst: Kranke Hunde stammen schon jetzt mit überwältigender Mehrheit nicht aus der kontrollierten Rassezucht, sondern von „Vermehrerstationen“ aus dem In- und Ausland. Die Maßnahmen könnten daher das genaue Gegenteil vom Dackelwohl erreichen: das Aus für seriöse Züchtungen nach den strengen Maßstäben deutscher Zuchtverbände.

Das hieße nicht nur erhöhte Gefahr für die Gesundheit zukünftiger Dackelgenerationen, sondern auch den Verlust eines Kulturgutes. Der Deutsche Teckel, auch Dackel oder Dachshund genannt, ist bereits seit dem Mittelalter bekannt; im frühen 18. Jahrhundert wurde er erstmals als „Dachs Kriecher“ beschrieben.

Denn dank seiner kurzen Beine und hohen Beweglichkeit wurde der Dackel von jeher bei der Jagd von Dachsen, Füchsen oder Kaninchen eingesetzt: In deren unterirdischen Bauen waren sie selbstredend ohne Hundeführer unterwegs und mußten eigenständig Entscheidungen treffen.

Einst betörte der Teckel das britische Königshaus

Dadurch entwickelte der Dackel Mut, Intelligenz und ein gesundes Selbstbewußtsein – schon deshalb sollte diese starke Hundepersönlichkeit auch im Deutschland unserer Tage geschützt werden. Immerhin fand der teutonische Teckel auch international zahlreiche Freunde: Bereits am Zarenhof von Peter dem Großen begeisterte er nicht nur leidenschaftliche Jäger, sondern eroberte dank seines schlappohrigen Charmes auch die Herzen der Damen.

Später auch das der britischen Königin Victoria, was möglicherweise auch auf die Liebe zu ihrem deutschen Ehemann Albert von Sachsen-Coburg und Gotha zurückzuführen ist. Victoria tauschte allerdings, trotz oder auch wegen ihres ebenfalls deutschen Gatten, die Dackel später gegen Collies aus.

Der wurstförmige Vierbeiner muß bleiben

Spätestens in den Weltkriegen war das Deutsche ganz und gar nicht mehr beliebt und die Royals sattelten auf Corgis um. In den USA wurden die Tiere, die sonst unter den Namen „Wiener Dog“ bekannt waren, zeitweilig sogar zu „liberty hounds“ umgetauft, um jegliche Assoziation zu ihrem Herkunftsland zu vermeiden.

Der Beliebtheit des loyalen, fröhlichen und wurstförmigen Vierbeiners hat das auf Dauer allerdings nicht geschadet. Unbenommen: Das Wohl des Dackels sollte geschützt werden und zwar durch verantwortungsbewußte Züchter wie auch durch Hundeliebhaber, die degenerierten Parkplatzschnäppchen eine Absage erteilen.

Aus der JF-Ausgabe 19/25. 

Zwei Langhaardackel sitzen auf einem Holzsteg. Foto: IMAGO / blickwinkel
Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag