WIEN. Am Wochenende haben sich ÖVP, SPÖ und Neos weitgehend auf die Verteilung der Ministerien geeinigt. Die wichtigsten Ressorts scheinen vergeben, auch wenn inhaltliche Details weiterhin diskutiert werden. In der SPÖ kursieren bereits Namen für potentielle Minister, und einige bisherige ÖVP-Minister werden in ihren Positionen bleiben.
Bei einem Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Hofburg betonten die Parteichefs Christian Stocker (ÖVP), Andreas Babler (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (Neos) ihre Absicht, rasch eine Regierung zu bilden. Van der Bellen sprach von einem bereits weit fortgeschrittenen Verhandlungsprozeß.
Ressortverteilung: Justizministerium geht an die SPÖ
Besonders umstritten war das Justizministerium. Mehrere Quellen bestätigen, daß dieses Ressort nun der SPÖ zufallen soll. Die ÖVP hält weiterhin das Innen- und Verteidigungsministerium, was bedeutet, daß das dritte Sicherheitsressort, die Justiz, an eine andere Partei vergeben werden mußte. Dies dürfte auch mit laufenden Ermittlungen gegen die ÖVP zusammenhängen, wodurch eine Besetzung durch die Volkspartei problematisch gewesen wäre.
Als potentielle Justizministerinnen werden in der SPÖ die frühere Staatssekretärin Muna Duzdar und die Nationalratsabgeordnete Selma Yildirim genannt. Sollte der Bundespräsident auf eine unabhängige Besetzung bestehen, könnte Richter Oliver Scheiber eine Option sein.
Die Neos erhalten das Außenministerium, das von Parteichefin Meinl-Reisinger geleitet werden soll. Ursprünglich hatten sie Interesse am Justizressort bekundet, doch letztlich wird das Außenministerium als strategisch wertvoll angesehen. Besonders angesichts internationaler Krisen soll es der EU-freundlichen Haltung der Neos entsprechen.
Alexander Schallenberg (ÖVP), bisher Außenminister und Interrims-Bundeskanzler, kündigte an, nicht mehr Teil der neuen Regierung zu sein. Seine Entscheidung sei bereits seit Jahresbeginn gereift.
Neben Christian Stocker als Bundeskanzler wird die ÖVP weiterhin das Innen-, Verteidigungs- und Landwirtschaftsministerium besetzen. Gerhard Karner, Klaudia Tanner und Norbert Totschnig dürften ihre bisherigen Ressorts behalten. Auch das Wirtschaftsministerium bleibt in ÖVP-Hand, wobei Wolfgang Hattmannsdorfer, Mariana Kühnel oder Barbara Eibinger-Miedl als mögliche Kandidaten genannt werden. Claudia Plakolm könnte zur Ministerin für Familie und Jugend aufsteigen, während Alexander Pröll als Kanzleramtsminister im Gespräch ist.
SPÖ: Babler wird Minister für Sport
Andreas Babler (SPÖ) wird Vizekanzler und soll laut Standard die Sportagenden übernehmen. Das Finanzministerium geht ebenfalls an die Sozialdemokraten, wobei mehrere Namen kursieren: AK-Ökonom Markus Marterbauer, ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth, die Salzburger Nationalratsabgeordnete Michaela Schmidt, Ex-ORF-Chef Alexander Wrabetz und ÖBB-Vorstandsmitglied Silvia Angelo.
Zusätzlich besetzt die SPÖ das Infrastrukturministerium, wobei Sven Hergovich als Kandidat gilt, jedoch nicht unumstritten ist. Korinna Schumann könnte Sozialministerin werden, während Eva-Maria Holzleitner für Frauen, Medien und Kultur vorgesehen ist.
Die Neos erhalten zudem das Bildungsministerium, allerdings stellt sich die Frage nach der Besetzung. Christoph Wiederkehr, Wiens Bildungsstadtrat, wäre eine logische Wahl, wurde aber gerade als Spitzenkandidat für die Wien-Wahl nominiert. Eine mögliche Lösung ist, daß Selma Arapović formell als Spitzenkandidatin antritt, während Wiederkehr weiterhin eine zentrale Rolle in der Partei behält. (rr)