BERLIN/SALZBURG. Robert Habeck (Grüne) hat Vorwürfe, in seiner Doktorarbeit aus dem Jahr 2000 abgeschrieben zu haben, am Montag zurückgewiesen. Mit einem Video kam er der für diesen Tag angedachten Veröffentlichung der Vorwürfe durch den österreichischen Plagiatsjäger Stefan Weber zuvor.
Der Vizekanzler gab an, im Januar von einer Reihe spezifischer Vorwürfe erfahren zu haben. Direkt danach habe er die Ombudsstelle der Universität Hamburg (UHH) um deren Sichtung gebeten. Diese teilte kürzlich ihm und am Montag dann auch öffentlich mit, daß im Zuge einer Überprüfung festgestellt worden sei, „daß gemäß den Regeln der UHH kein wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt, da weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gegen die Standards der guten wissenschaftlichen Praxis verstoßen wurde“.
Die Eigenständigkeit der Forschungsleistung sei bestätigt worden. Allerdings empfahl die Uni Habeck, einzelne Zitate und Fußnoten in seiner Dissertation zu überarbeiten. Der grüne Spitzenkandidat kündigte am Montag an, dies tun zu wollen, wenn er mehr Zeit habe. Die nun von Weber ganz öffentlich gemachten Vorwürfe werden unterdessen geprüft.
Habeck habe „Anschein der Belesenheit“ erweckt
In einem 188seitigen Dokument wirft Weber Habeck insgesamt 128 „Quellen-, Zitats- und Textplagiate“ vor. Unter einem Quellenplagiat ist dabei zu verstehen, daß der Grüne ein Zitat aus der Sekundärliteratur abgeschrieben haben soll, ohne allerdings die Primärquelle selbst, aus der das Zitat stammt, konsultiert zu haben. Trotzdem soll er dann diese Primärquelle als seine Quelle ausgegeben haben.
Weber wirft Habeck vor, dadurch einen „Anschein der Belesenheit“ erweckt zu haben. Er habe die entsprechenden Quellen „offensichtlich nie gelesen“. Webers Resümee: „Die Quellenarbeit von Robert Habeck ist in Summe als verfehlt und unwissenschaftlich zu bezeichnen.“
Universität Hamburg prüft weiter
Dabei greift Weber im Konkreten teils auf Indizienketten zurück. Beispielsweise wirft er Habeck vor, ein Werk des Autors Paul Virilio in einer Fußnote angegeben zu haben, ohne daß er es gelesen hätte. Weber gibt an, dies falle dadurch auf, daß sich das Zitat bei Virilio gar nicht finde, aber ein anderer Autor, Michael Wetzel, zuvor genau dasselbe Falschzitat verbreitet und fälschlicherweise auf Virilio zurückgeführt habe. Die Schlußfolgerung: Habeck habe das angebliche Virilio-Zitat bei Wetzel entnommen, aber so getan, als habe er Virilio selbst gelesen.
Textplagiate will Weber auch gefunden haben. So schreibt Habeck: „Die Besonderung und Entgegensetzung des Allgemeinen und des Einzelnen wie auch die Übersetzung des diskursiven Denkens in die poetische Vorstellung geschieht durch die und in der Sprache.“ 1981 hatte Günter Wohlfart formuliert: „Die Besonderung und Entgegensetzung des Allgemeinen und des Einzelnen wie auch die Übersetzung des begreifenden Denkens in die Anschauung geschieht vermittels der Sprache.“
Die Universität Hamburg gibt derweil an, es hätten sie neue Hinweise erreicht, die sie noch nicht geprüft habe. Diese würden nun ebenfalls sorgfältig begutachtet. Laut Habeck handelt es sich dabei ebenfalls um Hinweise Webers. (ser)