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Amtsmißbrauch, Geheimnisverrat, Gewalt: AfD Thüringen setzt Untersuchungsausschuß gegen Stephan Kramer ein

Amtsmißbrauch, Geheimnisverrat, Gewalt: AfD Thüringen setzt Untersuchungsausschuß gegen Stephan Kramer ein

Amtsmißbrauch, Geheimnisverrat, Gewalt: AfD Thüringen setzt Untersuchungsausschuß gegen Stephan Kramer ein

Das Bild zeigt Stephan Kramer und den Chef der Thüringer AfD, Björn Höcke.
Das Bild zeigt Stephan Kramer und den Chef der Thüringer AfD, Björn Höcke.
Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer (links) und AfD-Landesparteichef Björn Höcke: Untersuchungsausschuß gegen Behördenchef eingesetzt. Fotos: picture alliance / Bonn.digital | Marc John / picture alliance / dts-Agentur | –
Amtsmißbrauch, Geheimnisverrat, Gewalt
 

AfD Thüringen setzt Untersuchungsausschuß gegen Stephan Kramer ein

Der Streit um den Thüringer Verfassungsschutzchef Kramer geht in die nächste Runde. Die Vorwürfe wiegen schwer. Jetzt setzt die AfD im Freistaat einen Untersuchungsausschuß ein. Was sagt Fraktionschef Höcke?
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ERFURT. Die Thüringer AfD-Fraktion hat die Einetzung eines Untersuchungsausschusses gegen den Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, angekündigt. „In Zusammenhang mit der Person des Thüringer Verfassungsschutzchefs stehen Behördenmißbrauch, Gewaltandrohungen gegen Mitarbeiter und Geheimnisverrat im Raum“, sagte Fraktionschef Björn Höcke. Der Ausschuß werde „das Netzwerk Kramer“ ausleuchten „und diesen neuerlichen Geheimdienstskandal gründlich aufarbeiten“, betonte Höcke.

Hintergrund sind Medienberichte, wonach der Geheimdienstchef ohne Grundlage rechtlicher Argumente seine Behörde nach parteipolitischen Interessen führe. Außerdem soll er Geheimnisverrat begangen und einem Mitarbeiter körperliche Gewalt angedroht haben.

Kramer macht einen Alleingang

Konkret soll Kramer 2018 die Thüringer AfD als Prüffall eingestuft haben. Apollo News zitierte hierbei aus einer E-Mail eines Behördenmitarbeiters: Die zuständigen Angestellten seien „weder unterrichtet – geschweige denn beteiligt – worden“.

Des Weiteren soll die Materialsammlung mit den Argumenten für die Einschätzung der Partei von Kramer persönlich angelegt worden sein. Dabei bleibt unklar, woher das SPD-Mitglied sein Material hatte. Im Bundesamt für Verfassungsschutz solle Kramers Bericht für „Lacher, bis heute“ sorgen, zitiert das Nachrichtenportal.

Im März 2021 stufte der Thüringer Inlandsgeheimdienst die AfD dann als „gesichert rechtsextrem“ ein. Dabei wurden für das 600seitige Gutachten alle Fachreferate einbezogen. Aber: Kramer habe ein 30seitiges Ergänzungsgutachten zur Indemnität verworfen, das Zweifel in die Einstufung gebracht hätte.

Das Prinzip der Indemnität untersagt es, daß Abgeordnete des Landtages für Aussagen, die sie in ihrer Funktion als Abgeordnete tätigten, verfolgt oder bestraft werden. Diese Regel gilt auch für den Verfassungsschutz. Allerdings habe Kramer dies mit der Begründung, „dem Gegner keine Argumente liefern“ zu wollen, verworfen. Wie Apollo News schreibt, sei den Verfassungsschützern von Anfang an klar gewesen, welches Ziel der Behördenleiter verfolge.

Der Behördenchef als Anti-AfD-Kämpfer

In diesem Zuge soll Kramer einem der Autoren des AfD-Gutachtens körperliche Gewalt angedroht haben. Dies habe der Autor beim Personalreferat des Innenministeriums angegeben. Aus seinen Absichten gegen die AfD vorzugehen, machte Kramer auch öffentlich keinen Hehl. Vor den Landtagswahlen in Thüringen sagte er zur Frage einer möglichen AfD-Regierungsverantwortung, daß er bis zum Wahltag „alles tun werde, um mich im Rahmen meiner gesetzlichen Möglichkeiten und Bürgerpflichten gegen diesen Extremismus-Angriff zur Wehr zu setzen“.

Weiterhin soll Thüringens Innenministerium ein Disziplinarverfahren gegen Kramer in Gang gesetzt haben. Der Verdacht, der Behördenleiter habe „streng vertrauliche Informationen über ernsthafte Funktionsstörungen und innerdienstliche Spannungen im Amt für Verfassungsschutz weitergegeben“, stehe im Raum. Dabei habe er sich mit Journalisten über Interna und unliebsame Mitarbeiter ausgetauscht.

Hintergrund sind Aufnahmen aus 2015, die Kramer mit der russischen Rockergruppe „Nachtwölfe“ bei einer Kranzniederlegung zeigen. Sie gelten wahlweise als „Putin-Rocker“ und feierten den Sieg der Roten Armee über die Wehrmacht. Öffentlich wurden die Bilder 2019.

MDR-Journalisten brachen Pressekodex

Jedoch soll sich bereits 2018 ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes an die MDR-Investigativjournalisten Axel Hemmerling und Ludwig Kendzia gewandt haben. Diese seien daraufhin jedoch in Kontakt zu Kramer getreten. Ein Verstoß gegen den Quellenschutz des Pressekodex, sollte es stimmen. Der Mitarbeiter arbeitete kurz darauf nicht mehr im Verfassungsschutz.

Thüringens Innenministerium, das Amt für Verfassungsschutz Thüringen, ihr Präsident Kramer sowie die Journalisten Hemmerling und Kendzia hätten sich gegenüber Apollo News nicht geäußert. Auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT teilte der Sender mit er gehe „diesem Vorgang nach“. Der MDR stehe „in seiner Angebotsvielfalt für ausgewogenen und zuverlässigen Journalismus, der den Grundprinzipien des journalistischen Handwerks folgt“. Dazu zähle „neben anderen Kriterien die Sorgfalt in der Recherche beim Umgang mit Fakten und Quellen“.

Kramer traf sich mit Islamisten

Es ist nicht das erste Mal, daß Kramer in der Kritik steht. Ihm war bereits mehrfach vorgeworfen worden, den Verfassungsschutz zunehmend zu politisieren und sein Amt politisch zu mißbrauchen. Eigentlich hatte er 2020 eine Kandidatur für die SPD zum Bundestag angestrebt. Mitte Mai zog er das Vorhaben aber wieder zurück.

2019 wurde zudem bekannt, daß sich Kramer in seiner Funktion als Verfassungsschutzchef auch zu Gesprächen mit Vertretern von radikal-islamischen Organisationen getroffen hatte. Das Thüringer Innenministerium wollte die Angelegenheit damals allerdings nicht kommentieren. Es war aber auch nicht seine erste Amtshandlung, die für Stirnrunzeln sorgte. Bereits zuvor war öffentlich geworden, daß Kramers Verhalten in der Diskussion um eine mögliche Beobachtung der AfD von leitenden Mitarbeitern seiner Behörde als wenig optimal eingeschätzt wurde.

Fragen um die Befähigung

Kramer ist seit November 2015 Verfassungsschutzchef in Thüringen, obwohl er nicht über eine Befähigung zum Richteramt verfügt. Im Thüringer Verfassungsschutzgesetz heißt es: „Das Amt des Präsidenten soll nur einer Person übertragen werden, die die Befähigung zum Richteramt besitzt.“ Kramer hat sein Rechtswissenschaftenstudium nicht abgeschlossen. Stattdessen hat er einen Master in Sozialpädagogik.

Als Erwachsener konvertierte er zum Judentum und war von 2004 bis 2014 Generalsekretär des Zentralrats der Juden. 2009 rückte er Thilo Sarrazin wegen dessen Äußerungen zur Einwanderung in die Nähe der Nationalsozialisten. „Ich habe den Eindruck, daß Sarrazin mit seinem Gedankengut Göring, Goebbels und Hitler große Ehre erweist“, sagte er. Später entschuldigte er sich für die Äußerung. (st/sv)

Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer (links) und AfD-Landesparteichef Björn Höcke: Untersuchungsausschuß gegen Behördenchef eingesetzt. Fotos: picture alliance / Bonn.digital | Marc John / picture alliance / dts-Agentur | –
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