MÜNCHEN. Die deutsche Wirtschaft steht vor enormen Herausforderungen. Der Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo), Clemens Fuest, fordert mit einem Maßnahmenkatalog eine wirtschaftspolitische Neuausrichtung. Neben Bürokratieabbau und einer Steuerreform schlägt er auch verstärkte Zuwanderung vor.
Fuest sieht die deutsche Wirtschaft angesichts geopolitischer Risiken, des Klimawandels und einer nachlassenden Dynamik vor erheblichen Herausforderungen. „Es ist entscheidend, viele Themen gleichzeitig anzugehen“, betont Fuest. Dabei hebt er insbesondere die Notwendigkeit hervor, Investitionen zu fördern, die Effizienz zu steigern und das Steuer- sowie Transfersystem anzupassen.
Fuest plädiert für eine Neuorientierung staatlicher Mittel: Investitionen in Verteidigung, Bildung, Klimaschutz und Infrastruktur sollen priorisiert werden. Gleichzeitig fordert er einen Rückbau von Sozialtransfers und Subventionen, etwa für die Ansiedlung von Chipfabriken.
Arbeitskräftemangel soll behoben werden
Um den Mangel an Fachkräften zu lindern, schlägt Fuest vor, sowohl die Arbeitszeiten pro Beschäftigtem zu erhöhen als auch die Zuwanderung von Arbeitskräften zu erleichtern.
Im Bereich Klimaschutz setzt Fuest auf Marktmechanismen wie einen CO₂-Preis. Zudem spricht er sich für eine Rückkehr zur Atomenergie aus, um das Energieangebot zu steigern und die Klimaziele zu erreichen. Ein radikaler Bürokratieabbau steht ebenfalls auf der Agenda. Fuest regt an, Dokumentationspflichten zu reduzieren und stattdessen Unternehmen verstärkt zu kontrollieren. Bei Verstößen sollen empfindliche Strafen folgen.
Das Steuersystem müsse vereinfacht werden. Arbeit und Investitionen sollen steuerlich entlastet, hingegen Konsum und Grunderwerb stärker belastet werden.
Außenhandel könnte Wirtschaft stärken
Eine Vertiefung des europäischen Binnenmarkts und neue Freihandelsabkommen sind weitere Empfehlungen. Zusammen mit einer gestärkten Verteidigungsfähigkeit soll Deutschland dadurch robuster gegenüber geopolitischen Veränderungen werden.
Als Vorbild nennt Fuest die israelische Wirtschaft, die mit einer Mischung aus höherer Verschuldung, gesteigerter Umsatzsteuer und gekürzten Ausgaben auf die hohen Kosten von Konflikten reagiert. Dieses Modell ermögliche es, trotz Krisen in Bildung zu investieren und eine starke Start-up-Kultur aufzubauen.
Das ifo macht deutlich: Eine Trendwende ist demnach unerläßlich, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Die vorgeschlagenen Maßnahmen böten eine Grundlage, über die weiter diskutiert werden müsse. (rr)