BERLIN. Die Chefs der drei großen deutschen Geheimdienste, des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), des Bundesnachrichtendienstes (BND) und des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), haben vor verstärkter russischer Spionage und Cyberattacken auf Deutschland gewarnt. Der Chef des BfV, Thomas Haldenwang, sagte, seine Behörde registriere „ein aggressives Agieren der russischen Nachrichtendienste. Insbesondere nehmen russische Spionage und Sabotage in Deutschland zu, sowohl quantitativ als auch qualitativ“. Hierdurch habe sich die Gefährdungslage für Deutschland deutlich erhöht, sagte Haldenwang am Montag bei der Öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums in Berlin.
Der Vorsitzende des BND, Bruno Kahl, betonte, der Kreml sehe „den Westen und damit auch Deutschland als Gegner. Die Bereitschaft Moskaus zu weiteren Aktivitäten im Feld der hybriden und verdeckten Maßnahmen hat dabei ein bisher ungekanntes Niveau erreicht“. Rußlands Präsident Wladimir Putin sei bereit, mit „hybriden und verdeckten Maßnahmen“ die „roten Linien“ des Westens auszutesten.
Ein Vorfall in Leipzig wird fast zur Katastrophe
Die MAD-Präsidentin Martina Rosenberg teilt die Einschätzung Kahls und Haldenwangs. „Beherrschende Themen bleiben zunehmende Spionage- und Sabotageaktivitäten fremder Nachrichtendienste in Deutschland.“ Besonders gefährdet sei dabei die Bundeswehr. Der Kreml versuche, „deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine, Ausbildungsvorhaben oder Rüstungsprojekte aufzuklären oder durch Sabotagehandlungen das Gefühl der Unsicherheit zu vermitteln“.
Dafür nannten die Geheimdienstchefs ein konkretes Beispiel. Im Juli vergangenen Jahres hatte im DHL-Logistikzentrum am Flughafen Leipzig ein Paket, das aus dem Baltikum kam, Feuer gefangen. Nach Angaben des BfV wurde ein Flugzeugabsturz nur deshalb verhindert, weil das Paket bereits vor Abflug angefangen hatte, zu brennen. Sicherheitsbehörden vermuten russische Sabotage hinter dem Vorfall.
Nicht nur Rußland ist ein Sicherheitsrisiko
Neben russischen Geheimdienstaktivitäten betrachten die deutschen Dienste auch andere Gruppen als Gefahren für die innere Sicherheit in der Bundesrepublik. BND-Präsident Kahl sagte dazu, seine Behörde behalte „den internationalen Terrorismus, die Lage im Nahen und Mittleren Osten und die illegale Migration“ weiterhin im Auge.
BfV-Chef Haldenwang unterstrich, die aktuelle Krise im Nahen Osten werde von Terrororganisationen für deren Propaganda genutzt, um neue Anhänger zu mobilisieren. Haldenwang versprach: „Nicht nur der IS mißbraucht die Lage, auch mögliche Aktivitäten von Hisbollah, Hamas und iranischer Proxys in Deutschland haben wir im Blick.“ (st)