Bei der Parlamentswahl in Neuseeland zeichnet sich ein starker Rechtsruck ab. Nach Auszählung fast aller Stimmen sind rechte Parteien und insbesondere die National Party klare Sieger. Ministerpräsident Chris Hipkins (Labour) hat die Niederlage seiner Partei eingestanden. Hipkins regiert erst seit neun Monaten seit dem überraschenden Rücktritt der linken Regierungschefin Jacinda Ardern, die global als ein Liebling linksliberaler und linker Parteien galt, im eigenen Land aber zunehmend wegen ihres ultra-harten „Zero Covid“-Regimes umstritten war. In Umfragen war sie zunehmend unpopulär. Nun ist ihre Partei mit ihrem Nachfolger bei der Wahl um fast 23 Prozentpunkte abgestürzt.
Laut vorläufigem Ergebnis nach Auszählung der Stimmen hat die Mitte-Rechts-Partei National Party rund 39 Prozent erreicht – gut 13 Prozentpunkte mehr als bei der Wahl 2020. NP-Parteichef Christopher Luxon, ein früherer Chef der Luftlinie Air New Zealand, dürfte nächster Ministerpräsident der Insel werden. „Heute hab ihr uns das Mandat gegeben, um Neuseeland nach vorne zu bringen“, sagte der 53-jährige Luxon zu seinen Anhängern. Labour fiel auf knapp 27 Prozent (2020: 50,01 Prozent). Hipkins sagte, er habe alles gegeben, um „die Geschichte noch zu wenden, aber es hat nicht genügt“. Neben den Nachwehen der Corona-Politik bewegten die rund 3,8 Millionen Wähler die hohe Inflation und die Wirtschaftskrise.
Die Konservativen der National Party werden, wie in Neuseeland üblich, eine Koalition bilden müssen. Dafür bieten sich die rechtsgerichtete Partei „New Zealand First“ unter ihrem Anführer Winston Peters an. NZ First stieg bei dieser Wahl von 2,6 auf 6,5 Prozent der Stimmen. Die Partei könnte damit Königsmacher werden. Zusätzlich bräuchte Luxon die Unterstützung der rechtsliberalen Act Party, die sich auf 9 Prozent der Stimmen leicht verbesserte. Die Green Party kam auf 10,8 Prozent. Die kleine Partei der Indigenen Te Pati Maori erhielt 2,6 Prozent der Stimmen.
Ultraharte Corona-Lockdowns für mehr als zwei Jahre
Jacinda Ardern war im Januar zurückgetreten, was für viele ihrer Anhänger international als „Schock“ kam. Die erst 43jährige Ministerpräsidentin sagte damals, sie glaube, sie habe „nicht mehr genug im Tank“, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Ardern war als weibliche „progressive“ politische Führerin, die nach Ansicht ihrer Anhänger stets „Mitgefühl“ zeigte, global für manche ein Vorbild und wurde als Gegenentwurf zu rechten und konservativen Populisten gefeiert geworden. Beobachter meinten indes schon damals, dass sie mit ihrem Rücktritt einer drohenden Abwahl zuvorkommen wolle. Denn die Stimmung im Land hatte sich längst gegen Ardern gedreht.
Insbesondere ihre Corona-Politik war und ist hochumstritten. Sie war die Vertreterin ultraharter Lockdown-Maßnahmen. Ihr Ansatz wurde „go hard and go early“ genannt. Sie verhängte in Neuseeland die härtesten Corona-Grenzkontrollen und trennte damit Familien, die bei Corona-Ausbruch im Ausland waren, für rund zwei Jahre lang. Fast keine ausländischen Besucher durften ins Land reisen.
Im Land selbst galten zeitweise drastische Ausgeh- und Kontaktverbote, die nach einem einzigen Corona-Fall verhängt wurden. Mit ihrem ultraharten Lockdown hielt Ardern die Infektionszahlen gering, doch kamen sich viele Bürger wie in einem Gefängnis vor. Außerdem litten viele Dienstleistungs- und Tourismusbranchen wirtschaftlich sehr . Die Umfragewerte für Ardern sanken.
Luxon hat Steuersenkungen versprochen und will den Kampf gegen die Inflation verschärfen und Bürokratie abbauen. Außerdem will er eine schärfere innenpolitische Gangart bei Verbrechensbekämpfung einschlagen.