BERLIN. Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, hat ein Programm gegen die Diskriminierung durch Künstliche Intelligenz angekündigt. „Im Antidiskriminierungsgesetz ist gar nicht eindeutig geklärt, was in Fällen von Diskriminierung passiert, die durch Algorithmen und automatisierte Entscheidungssysteme entstehen“, sagte Ataman bei der Vorstellung des Jahresberichts ihrer Behörde am Dienstag. Im Herbst soll zudem eine Informationskampagne über die Rechte bei Diskriminierung aufklären.
#Antidiskriminierung | Die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman @ads_bund beobachtet eine Rückkehr von Ressentiments in politischen Debatten. Demokratische Parteien trügen nun die Verantwortung, Populisten nicht zu imitieren, sie sollten sich ihnen klar entgegenstellen. pic.twitter.com/9GvnU4y07F
— phoenix (@phoenix_de) June 27, 2023
Ihre Behörde hält Ataman für ein Erfolgsmodell. „Immer mehr Menschen nehmen Diskriminierung nicht hin. Das belegen die Zahlen ganz deutlich. Wir haben deutlich mehr Anfragen, als wir entgegennehmen können. Daß Menschen den Mut haben, über Diskriminierung zu sprechen und sich Hilfe zu holen, verdient unsere Anerkennung“, betonte die Bundesbeauftragte. Das Bewußtsein für Antidiskriminierung wachse in der Bevölkerung, was sie als „wichtiges Zeichen gesellschaftlicher Reife und Integration“ bezeichnete.
Ataman: Wer AfD wählt wird von mir nicht ernst genommen
Mit Blick auf die Landratswahl im thüringischen Sonneberg widersprach Ataman den Forderungen, die Sorgen von AfD-Wählern ernst zu nehmen. „Es ist das erste Mal, daß ein rechtsextremer Politiker ein Amt bekommen hat. Und das macht Menschen mit Behinderung oder Rassismuserfahrungen, jüdischen Menschen, Roma, aber auch queeren Menschen, Angst. Ich finde, auf diese Ängste und Sorgen sollte der politische Blick gerichtet werden – und nicht auf diejenigen der Menschen, die rechtsextrem gewählt haben“, kommentierte sie das Ergebnis der Wahl, bei der der AfD-Politiker Robert Sesselmann gewonnen hatte.
„Es ist das 1.Mal, dass ein rechtsextremer Politiker ein Amt bekommen hat u das macht Menschen mit Behinderung, Rassismuserfahrung, jüdischen Menschen […] Angst.“ Auf die sollte sich der politische Blick richten, nicht auf die,die „rechtsextrem gewählt haben“,sagt Ferda Ataman. pic.twitter.com/RgjOIyDPzB
— Martin Schmidt (@SchmidtLev) June 27, 2023
Viele Menschen würden sich nun Sorgen um ihre Zukunft in Deutschland machen. Allein im Jahr 2022 habe sich die Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit rund 8.800 Anfragen beschäftigt. „Das ist ein absoluter Rekordwert. Die Gesamtzahl der Anfragen hat weiter stark zugenommen und ist gegenüber dem Vorjahr um mehr als 1.000 Beratungsanfragen gestiegen“, heißt es im Bericht.
Mit 2.882 Anfragen habe sich eine Mehrheit der Anfragen auf das Thema rassistische Diskriminierung bezogen, was einem Anteil von 43 Prozent entsprach. Weitere 27 Prozent, also insgesamt 2.815 Anfragen, hätten Diskriminierung wegen einer Behinderung zum Inhalt gehabt. Und 21 Prozent, oder 1.395 Anfragen bezögen sich auf geschlechtsspezifische Diskriminierung.
Viele Beschwerden nicht durch Antidiskriminierungsgesetz gedeckt
Die meisten Anfragen hätten sich am Arbeitsplatz, in Ämtern und Behörden oder auch bei der Wahrnehmung von Dienstleistungen ergeben: „Diskriminierungen durch staatliche Stellen machen mittlerweile ein Fünftel aller Beratungsanfragen aus. So sahen sich über 1.000 Betroffene von Ämtern und Behörden diskriminiert und mehr als 300 durch die Polizei und die Justiz.“
Allerdings würden sich auch viele Menschen bei der Antidiskriminierungsbehörde melden, deren Benachteiligung nicht durch das Antidiskriminierungsgesetz (AGG) gedeckt sei, auf dessen Grundlage die Meldestelle arbeite. „Fast die Hälfte aller Ratsuchenden im Jahr 2022 fühlte sich in Lebensbereichen diskriminiert, die nicht oder nur teilweise vom AGG abgedeckt sind.“ (fw)