In den letzten Jahren manifestierte sich in den sozialen Medien ein besonderer Trend: Junge Bäuerinnen beschreiben ihre Arbeit mit zunehmender Reichweite auf Instagram, Facebook und Tik Tok. Einerseits sorgt das bei den Landwirten für eine zweite Einnahmequelle, andererseits wirkt ihre Arbeit in den sozialen Medien Vorurteilen entgegen.
Mehr als 400.000 Menschen folgen der Landwirtin Marie Hoffmann auf Instagram. Die junge Frau aus Lippetal in NRW ist Expertin im Bereich der Agrarökonomie und möchte das auch den Menschen mitteilen. „Moderne Landwirtschaft ist eine komplizierte Wissenschaft. Es geht vor allem um Nachhaltigkeit, Effizienz, Tierwohl und Naturschutz”, sagt sie gegenüber der Bild-Zeitung. Zwar ist die blonde Dame im 530-Seelendorf Schoneberg ländlich aufgewachsen, dennoch stammt sie aus einem akademischen Haushalt. Während die Mutter als Lehrerin arbeitet, ist der Vater Kaufmann.
Ihr Opa Heinrich weckte schließlich ihr Interesse für Tier und Hof. „Er arbeitete an einer landwirtschaftlichen Forschungseinrichtung und nahm mich häufig mit. Ich bin dann zwischen Treckern, Schweinen und Äckern groß geworden“, sagt sie heute. Sie gehört zu den sichtbarsten Vertretern eines Trends, der „Agrar-Influencer“ heißt. Junge Menschen, häufig Frauen, arbeiten mit Leidenschaft und Engagement als Bauern. Doch nicht nur das: Sie teilen ihre Arbeit in den sozialen Medien.
„Es ist nicht alles perfekt, es ist halt einfach echt“
Die Tatsache, daß junge Menschen sich ganz bewußt für die Landwirtschaft entscheiden und dies auf sozialen Medien kundtun, hat sich inzwischen etabliert. Eine Studie von der Fachhochschule Weihenstephan-Triesdorf befaßt sich genau mit diesem Thema. Anhand von qualitativen Interviews arbeiteten die Wissenschaftler heraus, daß im Fokus der Agrar-Influencer eine möglichst authentische Darstellung ihrer Arbeit steht, um ein positives Bild der Landwirtschaft zu vermitteln.
„Die bisher publizierten Ergebnisse zeigen Wirkungen der Social-Media-Tätigkeit auf die Nutzer sowie ihre Betriebe selbst. Vor allem die User mit einem betrieblichen Profil sehen große Chancen in der Kommunikation landwirtschaftlicher Themen in Social Media Kanälen. So nehmen diese zum Beispiel eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung wahr“, heißt es in der Studie.
Das sieht auch Theresa Singer so. Die 30jährige Landwirtschaftsmeisterin bewirtschaftet mit ihrem Vater 50 Kühe in Garmisch. „Es ist bestimmt nicht alles perfekt, es ist halt einfach echt. Man kann vieles noch verbessern, aber generell stehe ich dazu, was wir machen“, sagte sie gegenüber dem Bayerischen Rundfunk (BR). Mit knapp 15.000 Followern ist ihre Präsenz auf Instagram bereits für Werbepartner interessant. „Es ist ja schon ein Zeitaufwand damit verbunden“, daher seien diese Einnahmen eine „Wertschätzung“.
Trend bietet Chance, von Vorurteilen zu befreien
Ähnlich verhält es sich bei Anna-Maria Stürzer. Sie ist Anfang zwanzig und präsentiert sich in einem BR-Bericht als ausgelernte Landwirtin. Sie betreibt 115 Hektar Ackerland und 40 Hektar Wald. Vor mehr als einem Jahr berichtete der Fernsehsender über die Bäuerin. Damals hatte sie noch rund 14.000 Follower auf Instagram. Heute folgen ihr mehr als 47.000 Menschen.
Andere junge Bäuerinnen, wie Carina Dünchem, nutzen ihre Reichweite sogar, um mit Fanartikeln Einnahmen zu generieren. Ihre Internetseite „Lebe-Liebe-Landwirtschaft“ wirkt professionell. Ein Klick auf den „Shop“ ihrer Internetseite verrät, was der geneigte Kunde an Artikeln erwerben kann.
Von T-Shirts, Pullovern, Tassen und Untersetzern kann man eine Vielzahl von Produkten käuflich erwerben. Nach einer Ausbildung zur Steuerfachangestellten und einem Studium der Betriebswirtschaft arbeitete Dünchem zunächst ein Jahr in ihrem Beruf. „Die Arbeit dort hat mir großen Spaß gemacht, dennoch hat mir was gefehlt: die Landwirtschaft.“
Auch das Portal Agrimand faßt den Trend, daß immer mehr junge Bäuerinnen zu Influencern werden, positiv zusammen: „Social Media bietet eine großartige Möglichkeit, um Interessenten und die breite Öffentlichkeit zu erreichen.“ Speziell in der Agrarwirtschaft hätten Landwirte somit „eine sehr gute Chance, der Öffentlichkeit ihren Berufszweig zu zeigen und eventuellen Vorurteilen und falschen Vorstellungen entgegenzuwirken“.