Wie sehr sich die frisch aus dem Ei geschlüpfte Klimareligion unterscheidet von der Religion, die sie abzulösen versucht und deren höchstes Fest an diesem Wochenende gefeiert wird, läßt sich ablesen am simplen Vergleich ihrer wichtigsten Repräsentanten. Greta Thunberg, die man ohne Übertreibung als Prophetin, wenn nicht sogar als Messias eines neuen Zeitalters betrachten kann (jedenfalls tun das ja inzwischen viele) wurde berühmt durch die Worte: „Ich will, daß ihr in Panik geratet!“ („I want you to panic!“), die sie als Gaststar im Januar 2019 den versammelten Eliten des Davoser Weltwirtschaftsforums entgegenschleuderte.
Der echte Messias ging den genau entgegengesetzten Weg und sprach die Worte: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Der Satz, überliefert vom Evangelisten Johannes, ist Teil der sogenannten Abschiedsreden Jesu, gehalten kurz vor der Gefangennahme, die zu Folter und Tod führen sollte. Der galiläische Wanderprediger wußte, was ihn erwartet. Seine Jünger hatten, da er dies auch offen ansprach, allen Grund, in Panik zu geraten. Von Jesus kamen aber immer wieder Worte wie diese: „Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“
Paranoia versus Metanoia
Dieser Kontrast ist insofern erstaunlich, als Jesus in einem Punkt mit dem Pessimismus der Öko-Fundamentalisten übereinstimmt: daß auf dieser Welt vieles im Argen liegt, daß der Faktor Mensch ein gewaltiges Problem darstellt, daß Eigenschaften wie Gier, Profitstreben, Egoismus zerstörerisch wirken. Jesus sprach von Sündern und Gerechten, und wenn man diese beiden Begriffe zu Komposita erweitert, indem man ihnen das Wort „Klima“ voranstellt – Klimasünder, Klimagerechtigkeit – dann wird klar: „Fridays for Future“ und die mit ihnen am selben Glockenseil ziehenden Alarmbimmler bedienen sich einer eindeutig religiösen Terminologie. Kritiker, die in ihnen schon immer eine Endzeitsekte gesehen haben, dürfen sich also bestätigt fühlen.
Weltuntergang und Apokalypse sind ebenfalls durch und durch biblische Themen. Nur Panik eben nicht. Das wirft die Frage auf: Wie konnte der Nazarener in Anbetracht von endzeitlichen Dingen wie Tod, Untergang und Vernichtung so entspannt sein? Offensichtlich war seine Wahrnehmung der Welt eine komplett andere als die der gegenwärtigen Klima-Apokalyptiker. Während diese von Paranoia geplagt werden, predigt er Metanoia. In diesem begrifflichen Gegensatzpaar – Paranoia versus Metanoia – ist der fundamentale Unterschied zwischen den Untergangspropheten unserer Tage vom Schlage der „Letzten Generation“ und dem Bußprediger von damals auf eine einfache Formel gebracht.
Christus wollte die Transformation zum Ideal
Was Martin Luther mit „Buße“ übersetzte – etwa im ersten Kapitel des Markusevangeliums, wo das Wort gleich zweimal vorkommt („Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“) –, sind Formen des griechischen Nomens Metanoia (metanoia). Das Wort bezeichnet, um den Trendbegriff unserer Tage zu benutzen, eine Transformation des uns innewohnenden Geistes (griechisch νóος) hin zu einem gottgefälligen Leben, dessen Idealverkörperung Jesus war. Das ist ein markanter Unterschied zur Transformationsagenda der „Klimaretter“.
Im Römerbrief wird diese geistliche Umwandlung durch ein griechisches Wort zum Ausdruck gebracht, mit dem auch der deutsche Muttersprachler etwas anfangen kann: Metamorphose. Das in beiden Wörtern steckende „meta“, als Präposition mit „nach“ zu übersetzen, drückt eine Zustandsänderung hin zu einem Danach aus. Das Alte, das Vorherige, bleibt zurück. Das griechische Nomen νóος zeigt an, was für Paulus das Objekt der Metamorphose ist. Analog wird durch die mit νóος verwandte zweite Worthälfte in Metanoia verdeutlicht, welche Sphäre durch die Veränderung betroffen ist: die der menschlichen Erkenntnis.
Was Luther mit „Buße“ übersetzte, bezeichnet also eigentlich eine neue, höhere Erkenntnis seiner selbst, aus der ein verändertes Verhalten resultiert. Exemplarisch vorgeführt wird dies am Sinneswandel des Zöllners Matthäus, der vom Kollaborateur der römischen Besatzer zum Jesus-Jünger wird. Ein großer Verfechter der Metanoia, der Sinneserneuerung, war Johannes der Täufer. Im Markusevangelium geht die erstmalige Verwendung des Wortes auf ihn zurück.
Christen richten an Ostern Blick neu aus
Der Wortteil „noia“, der diese Erkenntnisfähigkeit bezeichnet, steckt jedoch auch in „Paranoia“, einem ursprünglich der Psychologie entstammenden Fachbegriff, der aus dem Griechischen ins Deutsche übernommen wurde. Dem ursprünglichen Wortsinn nach ist die Paranoia ein „daneben liegendes Erkennen“, also eine geistige Fehlfunktion. Da läuft was verkehrt. Als klinisch zu diagnostizierende „Geisteskrankheit, die sich in Wahnideen äußert“, so die Definition von Wahrigs Wörterbuch, ist diese geistige Fehlfunktion in unserer zivilisierten Welt weit verbreitet.
Wären die Klima-Eschatologen ideologisch nicht so untrennbar verbunden mit Sozialisten, Utopisten, Geschlechtsrevisionisten, Sprachputschisten und Rauschmitteleskapisten, würde mancher vielleicht gar nichts von einer Fehlleistung des Intellekts merken.
Christen richten an Karfreitag und Ostern den Blick auf die kommende Welt, zu der der Auferstandene die Tür aufgestoßen hat. Aber auch für Nichtchristen ist die kleine Zäsur im Jahreslauf eine Einladung zum Innehalten und Sichbesinnen. Darauf, welchen Stimmen man trauen kann und welche falschen Propheten gehören. Im Matthäusevangelium hat Jesus einen Tip parat, wie man letztere entlarvt: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“