BERLIN. Der scheidende Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat angesichts der anhaltenden Migrantenströme über die Weißrußland-Route vor einer Überforderung Deutschlands gewarnt. „Kein Land auf dieser Erde kann unbegrenzt Zuwanderer aufnehmen“, sagte er am Mittwoch morgen der Bild-Zeitung.
Unterdessen sprach sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) für den Bau befestigter Grenzanlagen aus. „Wir brauchen Zäune und wir brauchen vermutlich auch Mauern. Niemand hat Interesse an Mauern, aber jetzt geht es darum, daß die Europäische Union ihre Wehrhaftigkeit beweist“, sagte er laut Nachrichtenagentur dpa am Dienstag.
Der Christdemokrat reagierte damit auf die seit Wochen zunehmenden Migrantenzahlen. Weißrußlands Machthaber Alexander Lukaschenko schleust die illegalen Einwanderer als Reaktion auf die EU-Sanktionen gegen sein Land an die Außengrenze der EU im Baltikum und Polen. Von dort aus kommen viele in Ostdeutschland an.
Kretschmer will auch im Winter abschieben
In einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) plädierte Kretschmer für ein entschlossenes Vorgehen gegen Lukaschenko. „Ich möchte gern, daß diese Europäische Union stark ist und den Rücken gerade macht. Wir dürfen uns doch von so einem Diktator nicht erpressen lassen.“ Nur eine Grenzschließung können den derzeitigen Zustand beenden.
Zugleich sprach sich Kretschmer dafür aus, auch im Winter illegale Einwanderer in ihre Herkunftsländer abzuschieben. Dort müsse eingesehen werden, daß man nicht auf Lukaschenko bauen können.
Brandenburg lehnt Grenzkontrollen ab
Die Zahl der illegalen über die Weißrußland-Route nach Deutschland gekommenen Migranten ist allein im Oktober auf mehr als 4.200 gestiegen. Bis zum 24. Oktober habe die Bundespolizei bereits 4.246 entsprechende Einwanderer aufgegriffen. „Im laufenden Jahr wurden somit insgesamt bereits 6.657 unerlaubte Einreisen mit Belarus-Bezug durch die Bundespolizei festgestellt“, teilte die Behörde mit. Den Großteil davon im brandenburgischen Grenzgebiet zu Polen.
In einer Sondersitzung des Brandenburger Landtags lehnte eine Mehrheit der Fraktionen von SPD, CDU, Grünen, Linken und Freien Wählern einen Antrag der AfD für Grenzkontrollen ab. Die AfD wollte damit „eine durchgehende Sicherung des brandenburgischen Abschnitts der deutsch-polnischen Grenze vor illegaler Migration“ erreichen. Die übrigen Parteien argumentierten jedoch mit möglichen Folgen für den Pendler- und Warenverkehr dagegen. Die SPD verwies zudem auf die Menschenrechtskonvention. (ag)