KASSEL. Das Landgericht Kassel hat den Evolutionsbiologen Ulrich Kutschera am Dienstag vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen und damit ein erstinstanzliches Urteil aufgehoben. Die Äußerungen des Biologieprofessors seien eine vom Grundgesetz geschützte Meinung, die auch scharf und verletzend sein dürfe, berichtete die „Hessenschau“. Aussagen, die für viele Menschen schwer erträglich seien, seien nicht gleich strafbar.
Kutschera hatte 2017 in einem Interview über das Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare gesagt: „Sollte das Adoptionsrecht für Mann-Mann- bzw. Frau-Frau-Erotikvereinigungen kommen, sehe ich staatlich geförderte Pädophilie und schwersten Kindesmißbrauch auf uns zukommen.“ Zudem ergänzte er in dem Gespräch mit dem Nachrichtenportal kath.net, die „widernatürliche Früh-Sexualisierung“ sei eine „geistige Vergewaltigung Schutzbefohlener“. Kinder lesbischer Paare, die mittels künstlicher Befruchtung gezeugt wurden, bezeichnete er als „bemitleidenswerte Befruchtungsprodukte“.
Urteil wegen Beleidigung aufgehoben
Er begründete seine Aussagen mit evolutionsbiologischen Erkenntnissen. „Im Lauf der Evolution der Säuger hat sich, über 150 Millionen Jahre hinweg, die Mutter-Kind-Bindung als stärkstes Band überhaupt herausgebildet.“ Wenn nun einem Kind etwa die Mutter entzogen werde, „so ist das eine Verletzung des elementarsten Menschenrechts, das überhaupt existiert“.
Dafür hatte ihn das Amtsgericht Kassel im August vergangenen Jahres wegen Beleidigung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung wegen Volksverhetzung gefordert, da Kutschera die Menschenwürde Homosexueller „in höchstem Maße“ verletzt habe. Diesen Tatbestand sah der Richter jedoch nicht erfüllt.
Der Freispruch habe ihn überrascht, sagte Kutschera der JUNGEN FREIHEIT. Der Richter habe sich von dem Druck der Staatsanwaltschaft und der Medien nicht beeindrucken lassen. Er habe sich ausschließlich auf die Meinungsfreiheit bezogen, der Inhalt, die „humanbiologischen Problematik des im Interview behandelten Adoptionsrechts für schwule und lesbische Paare“ habe dabei keine Rolle gespielt.
Die Staatsanwaltschaft hat nun die Möglichkeit, binnen einer Woche Revision gegen die Entscheidung des Landgerichts einzulegen. Am Mittwoch war noch nicht bekannt, ob sie das tun wird. (ls)
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