BERLIN. Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat eine Studie zum Thema Rassismus unter Polizeibeamten angekündigt. „Es wird eine Studie geben“, sagte er am Montag im WDR. Darüber tausche er sich derzeit „jeden zweiten Tag“ mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) aus. Er sei „zuversichtlich, daß wir eine Lösung hinkriegen“.
Vor dem Hintergrund der seit Monaten anhaltenden Debatte um angeblich rassistische Vorfälle in den Sicherheitskreisen hatte sich Seehofer bislang gegen eine solche Untersuchung gestellt. Er lehnte das Ansinnen mit Begründung ab, dadurch würde die Polizei unter Generalverdacht gestellt. Vergangene Woche hatte der Unionspolitiker erneut betont, „daß wir kein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern haben“.
Am Montag dann kam es nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa jedoch zu einer Einigung zwischen Seehofer, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vize-Kanzler Scholz. Demnach sei Seehofer bereit, seinen Widerstand gegen eine solche Untersuchung aufzugeben, allerdings unter der Voraussetzung, daß in der Studie auch Schwierigkeiten im Alltag der Sicherheitsbeamten berücksichtigt würden.
In einem internen Papier soll es dazu heißen: „Unsere Polizistinnen und Polizisten dürfen mit ihren Erfahrungen nicht alleine gelassen werden. Für Extremismus, Rassismus und Antisemitismus gibt es keine Toleranz.“ Gleichzeitig solle das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Polizei genauer analysiert werden. Dazu gehörten auch Gewalt und Haß gegen Polizisten
Polizeigewerkschaft plädiert für „Hinweisgebersystem“
Anfang Oktober hatte der Verfassungsschutz einen Lagebericht über Rechtsextremisten in den Sicherheitsbehörden veröffentlicht. Demnach gab es in den vergangenen drei Jahren über 300 rechtsextremer Verdachtsfälle. Angesichts von 275.600 Mitarbeitern beträgt der Anteil Verdächtiger damit 0,12 Prozent. Seehofer betonte, mehr als 99 Prozent der Beamten stünden „fest auf dem Boden des Grundgesetzes“.
Am Montag hatte die Berliner Polizeihochschule sechs Studenten suspendiert, weil sie in Chatgruppen rassistische Inhalte verbreitet haben sollen, berichtete der RBB. Sie hätten unter anderem Nachrichten mit Hakenkreuzen geteilt, sich abwertend über Asylbewerber geäußert und den Holocaust verharmlost.
In der Vergangenheit waren ähnliche Fälle aus Nordrhein-Westfalen und Berlin bekannt geworden. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler, hatte daraufhin ein „Hinweisgebersystem“ zur Meldung rechtsextremer Vorfälle in der Polizei gefordert. (ag)