BERLIN. Eine Gruppe von Schriftstellern, Publizisten und Journalisten hat Politiker aufgefordert, den Nazi- und Faschismusbegriff in der politischen Auseinandersetzung nicht mehr zu verwenden. „Den politischen Gegner mit solchen Zuschreibungen zu attackieren, läuft auf eine geschichtsverfälschende Verharmlosung des Holocaust und des Nazi-Terrors hinaus und beschädigt unsere Demokratie nachhaltig“, heißt es in einer dazu veröffentlichten Petition an alle Bundestagsparteien.
Es falle auf, daß die Betitelung einzelner Bürger und Politiker als „Faschisten“ oder „Nazis“ zum alltäglichen Mittel in öffentlichen Debatten geworden sei. „Mit solchen Bezeichnungen werden Bürger gebrandmarkt, die weder Straftaten begangen noch geplant noch gutgeheißen haben, sondern denen allein zum Vorwurf gemacht wird, zu politischen Gegenwartsfragen eine andere Ansicht zu vertreten als ihre Verleumder.“
„Geschichtsvergessen und zynisch“
Die Verwendung dieser Begriffe sei „geschichtsvergessen und zynisch“. Wer behaupte, es gebe eine Kontinuität „zwischen der nationalsozialistischen Judenverfolgung und der heutigen Diskussion über mögliche Reformen in der Asylpolitik nach dem Vorbild anderer westlicher Staaten“, der verharmlose die Verbrechen der Nationalsozialisten und verhöhne deren Opfer. „Das muß endlich aufhören!“
Zu den Erstunterzeichnern der Petition gehören unter anderem die Schriftstellerin Monika Maron, die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld, der Kolumnist Henryk M. Broder, die Publizistin Cora Stephan, der Fondsmanager Max Otte sowie der Schauspieler und Kabarettist Uwe Steimle.
Faschismusvorwürfe nach Thüringer Ministerpräsidentenwahl
Vor allem nach der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten hatten zumeist linke Politiker AfD-Vertreter, aber auch einige FDP- und CDU-Politiker unter anderem als Faschisten bezeichnet. Kemmerich war mit den Stimmen von AfD, CDU und FDP ins Amt gewählt worden und trat wenige Tage später zurück.
Der Staatskanzleichef der abgewählten rot-rot-grünen Regierung, Benjamin-Immanuel Hoff, rückte die AfD in die Tradition der Nationalsozialisten. An Kemmerich schrieb er: „Sie müssen damit leben, ein Ministerpräsident von Gnaden derjenigen zu sein, die Liberale, Bürgerliche, Linke und Millionen weitere in Buchenwald und anderswo ermordet haben.“ (ls)
> Die Petition kann hier gezeichnet werden.