WIEN. Der frühere österreichische Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat angekündigt, seine Parteimitgliedschaft ruhen zu lassen und sich aus der Politik zurückzuziehen. In einer persönlichen Erklärung teilte er am Dienstag mit, er wolle damit Schaden von seiner „freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft“ abwenden.
Eine Hauptschuld seiner Person an der Niederlage der FPÖ bei der Nationalratswahl am vergangenen Sonntag sieht Strache dagegen nicht. „Der Mißerfolg hat viele Väter“, sagte Strache, der durch die Ibiza-Affäre den Anlaß für die Aufkündigung der türkis-blauen Koalition durch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geliefert hatte.
Parteiausschlußverfahren stand im Raum
Er sei enttäuscht, daß keiner aus seiner Partei nach den vergangenen Woche aufgekommenen Spesenbetrug-Vorwürfen das Gespräch mit ihm gesucht habe. Am Wahlabend hatte Strache der FPÖ noch strategische Fehler im Wahlkampf bescheinigt. „Wer sich so an die ÖVP anbiedert, und den konsequenten bisherigen Weg einer sozialen Heimatpartei verläßt, darf sich nicht wundern, wenn viele gleich ÖVP wählen oder verunsichert werden“, schrieb er auf Facebook.
Mit seinem Rückzug aus der Politik ist Strache möglicherweise einem Parteiausschlußverfahren zuvor gekommen. Als erster hatte der steirische Landesvorsitzende Mario Kunasek einen Parteiausschluß ins Spiel gebracht, für den Fall, daß sich die Vorwürfe gegen Strache erhärten sollten. „Wenn das stimmt, sehe ich keine andere Möglichkeit, so leid es mir tut“, sagte Kunasek.
Auch der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger sprach sich für einen Rausschmiß aus. Wenn sich die Anschuldigungen bewahrheiteten sei „die Suspendierung wahrscheinlich zu wenig“. Straches Wortmeldung auf Facebook in der Wahlnacht habe dann „das Faß zum Überlaufen gebracht“. Am Dienstag vormittag sorgte zunächst die Registrierung der Internetadresse liste-strache.at für Spekulationen über eine Abspaltung Straches von der FPÖ und einen möglichen Antritt bei der Landtagswahl in Wien im kommenden Jahr. (tb)