Die Science-Fiction-Autorin Theresa Hannig will Wikipedia in eine geschlechtergerechte Zukunft führen. Deswegen hat die Münchnerin eine Initiative gegen das generische Maskulinum in den Artikeln der Online-Enzyklopädie gestartet. Mit ihrer Eingabe „#wikifueralle – Öffnet die deutschsprachige Wikipedia!“ will sie deutlich machen, daß zum Beispiel jeder Lehrer theoretisch auch eine Lehrerin sein kann; oder einem der „vielen anderen Geschlechter“ angehören könnte.
In ihrer Argumentation, das muß man Hannig lassen, geht sie deutlich geschickter vor, als so manch schicke, genderaktive Feministin auf Twitter und Co. In dem Petitionstext der Initiative heißt es:
Frauen im alten Griechenland
„Wikipedia-Artikel werden standardmäßig im generischen Maskulinum verfaßt. Das heißt, daß bei Begriffen wie ‘Autor‘, ‘Politiker‘ oder ‘Nobelpreisträger‘ Frauen und Menschen, die sich in der Zweiteilung der Geschlechter nicht wiederfinden, mitgemeint sein sollen. Das generische Maskulinum kann jedoch zu falschen Annahmen verleiten. Wer den Satz liest: ‘Im alten Griechenland durften alle Bürger wählen‘, weiß damit noch nicht, daß Frauen von der politischen Beteiligung ausgeschlossen waren.“
Mit dem Text vom alten Griechenland wählen Hannig und ihre Mitinitiatoren ein Fallbeispiel, wie es zur Untermauerung ihrer Sicht der Dinge nicht besser geeignet sein könnte. Natürlich könnte man nun entgegenhalten, daß man einen Artikel eben manchmal auch komplett lesen muß, um seinen gesamten Inhalt zu erfassen; und daß man nicht immer die ganze Wahrheit in einen einzigen Satz packen kann.
Aber zumindest klingt das gewählte Argument nicht völlig gaga und irrational. Damit hat es sich dann allerdings auch schon. Denn fernab der Antike weiß natürlich jeder ganz genau, daß nicht jeder „Autor“, „Politiker“ oder „Nobelpreisträger“ männlich ist. Selbst wenn es in dem entsprechenden Artikel nicht extra ein Hinweissternchen für Blöde gibt.
Ego-Problem
Ein weiterer Satz aus der Petition wirkt daher auch schon deutlich weniger objektiv, zeigt dafür aber, was wohl der wahre Grund hinter der neuerdings leicht säuerlichen Haltung der 34jährigen Literatin gegenüber Wikipedia ist.
Hannig fand beim „Ego-Googeln“ nämlich offenbar nicht die Suchergebnisse vor, die sie als ihrer würdig empfand. So wurde die feministisch, ichbezogene Schriftstellerin doch tatsächlich nicht in einer Liste deutschsprachiger Science-Fiction-Autorinnen gelistet; da es eine solche, nach Geschlechtern getrennte Aufzählung nicht gab, sondern nur ein ganz allgemeines Verzeichnis der Autoren. „Da waren Männer und Frauen gemischt“, erzählt sie völlig empört in einem Interview mit Jetzt. Das Gespräch mit dem Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung muß übrigens, trotz seiner relativen Kürze, ziemlich lange gedauert haben.
Zumindest gemessen an den vielen, im Text durch Gendersternchen gekennzeichneten Atempausen, die Hannig während des Sprechens offenbar eingelegt hat. Total entsetzt über den literarischen Wikipedia-Swingerclub, in dem sie sich da befand, versuchte sie umgehend, eine Liste mit ausschließlich weiblichen Autorinnen anzulegen. Ganz ohne Männer, die im Literaturbetrieb und auch sonst überall sowieso schon viel zu viel Aufmerksamkeit bekommen.
Dank an die weiblichen Wikipedia-Admins
Was dann geschah, schildert Hannig im Interview so: „Obwohl ein Großteil der User*innen die Liste befürwortete, wurde sie von einem Admin gelöscht, da sie „irrelevant“ und „überflüssig“ sei. Nur dem unablässigen Engagement der wenigen weiblichen Admins und der Unterstützung weiterer User*innen war es zu verdanken, daß die Liste schließlich doch wiederbelebt wurde.“
Jetzt hatte die zukunftsorientierte Romanschreibende allerdings Blut geleckt. War ihr eben noch eine strikte Sortierung der Autorinnen und Autoren nach Geschlechtern wichtig, bevorzugt sie mittlerweile offenbar, der „LGBTQI“-Gemeinde zum Gefallen und ganz progressiv, die Geschlechterbeschreibung völlig wegzurelativeren. Männer, Frauen, „Transgendermenschen“ und alle anderen, sollen sich bei Google und Wikipedia suchen und finden lassen. So divers und variantenreich, daß man am Ende gar keinen mehr wirklich findet. Geschlechter-Gerechtigkeit durch völliges Chaos und totales Sprach-Wirrwarr. Schon wieder ein Grund mehr, warum wir uns auf das Internet von morgen heute schon freuen dürfen!