MIESBACH. Auf Anordnung des bayerischen Justizministeriums hat ein Richter am Amtsgericht Miesbach das Kruzifix im Gerichtssaal wieder aufhängen müssen. Richter Klaus-Jürgen Schmid hatte das Kruzifix im vergangenen Monat für einen Prozeß gegen einen terrorverdächtigen afghanischen Islamisten (21) abnehmen lassen. Gegenüber der Bild-Zeitung hatte Schmid gesagt, er wolle es auch nicht wieder in den Saal zurückhängen, da er häufig Fälle mit Asylbewerbern verhandle. Nachdem das aktuelle Verfahren gegen den 21jährigen „einen religiösen Bezug hatte, halte ich es für richtig, daß das Kreuz abgehängt wird“, hatte der Münchner Merkur den Richter zitiert. Der inzwischen Verurteilte hatte einen zum Glauben an Jesus Christus gekommenen Landsmann mit dem Tode bedroht.
Das bayerische Justizministerium stellte nun klar, daß die Entscheidung über den Verbleib eines Kreuzes im Gerichtssaal nicht dem vorsitzenden Richter im Rahmen der Sitzungsleitung obliege, sondern dies Aufgabe der Justizverwaltung sei. In Wahrnehmung der Dienstaufsicht habe das Ministerium deutlich gemacht, daß der bayernweite Standard für Sitzungssäle wieder herzustellen sei.
„Ausdruck der christlichen Tradition unseres Staatswesens“
Ein Pressesprecher erklärte dazu, in bayerischen Gerichtssälen würden grundsätzlich Kreuze hängen: „Sie sind Ausdruck der christlichen Tradition unseres Staatswesens.“ Überdies sei ein Kreuz oder Kruzifix im Sitzungssaal per se nicht dafür verantwortlich, das Vertrauen in die richterliche Unabhängigkeit zu erschüttern.
Die Entscheidung des Richters in der Kreisstadt südlich München, das Kreuz zu entfernen, hatte landesweit Empörung und Unverständnis hervorgerufen. Die bayerische Vize-Ministerpräsidentin Ilse Aigner (CSU) sagte, sie halte das Abhängen des Kreuzes für „in höchstem Maße unsensibel gegenüber den Gefühlen der Opfer“. Ein „völlig falsches Signal“ nannte es der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU). „Wer einem anderen mit dem Tod droht, weil dieser Christ geworden ist, sollte dem Kreuz ins Auge sehen können“, sagte Stoiber gegenüber der Bild. (ru)