POTSDAM. Brandenburg wird künftig als erstes Bundesland abgelehnte Asylbewerber, die Opfer rechter Gewalt wurden, nicht mehr abschieben. Das Innenministerium erteilte bereits vor Weihnachten einen entsprechenden Erlaß an die zuständigen Ausländerbehörden, der nun im Internet veröffentlicht wurde.
Die Strafverfolgungsbehörden sollten nun die Ausländerbehörden informieren, wenn Asylbewerber Opfer von Gewalttaten geworden sind. Die Aussetzung einer Abschiebung gilt dabei auch für Zeugen bis zum Abschluß eines Ermittlungs- und Strafverfahrens.
Widergutmachung für die Opfer
Mit der Maßnahme setzt die Landesregierung einen Landtagsbeschluß aus dem vergangenen Jahr um, der von der Fraktion der Grünen initiiert wurde. Mit dem Bleiberecht könnten die Opfer eine Wiedergutmachung erfahren, heißt es in dem Papier. Brandenburg habe „ein erhebliches öffentliches Interesse daran, den mutmaßlichen Tätern der Gewalttat zu verdeutlichen, daß ihrem Opfer durch eine Verfestigung des Aufenthalts Gerechtigkeit widerfährt und das Gegenteil dessen erreicht wird, was die Täter beabsichtigten“.
„Der Erlaß schützt Opfer rechter Gewalt und sichert zudem die konsequente Strafverfolgung der Täter“, sagte die Sprecherin für Bekämpfung des Rechtsextremismus der SPD-Fraktion, Inka Gossmann-Reetz, dem Tagesspiegel. „Wir können nicht zulassen, daß Straftaten nicht aufgeklärt werden können, weil die Opfer dieser Taten im Strafprozeß nicht mehr als Zeugen zur Verfügung stehen.“
Die Landesregierung wies in dem Schreiben darauf hin, daß die Anzahl rechter Straftaten gestiegen sei. 2015 seien diese im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent auf insgesamt 1.581 Fälle gestiegen.
In Berlin ist Erlaß nicht erforderlich
In Berlin sei eine solche Anordnung nicht notwendig. Der Stadtstaat nutze die „vorhandenen Ermessensspielräume“ beim Bleiberecht und beim Abschiebestop für Opfer von schweren Straftaten auch ohne Erlaß, sagte ein Sprecher der Senatsinnenverwaltung dem Tagesspiegel.
Dies gelte nicht nur für Opfer rechter Gewalt, sondern auch für Opfer anderer schwerer Gewalt- und Straftaten. Zudem sollen unter rot-rot-grün die Gesetzesregeln „für die Legalisierung, Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsrechten nach humanitären Gesichtspunkten“ ausgeschöpft werden. (gb)