Ist Donald Trump noch zu stoppen? Auch der Super-Dienstag mit Vorwahlen in elf Bundesstaaten hat diese Frage nicht abschließend beantwortet. Allerdings: Es war abermals eine große Nacht für den Immobilienmogul aus New York. Sieben von elf Staaten gehörten an diesem Dienstag ihm.
Seit Beginn der Vorwahlen Anfang Februar konnte Trump somit zehn von 15 Vorwahlen gewinnen. Erschüttern müssen das Partei-Establishment der Republikaner dabei vor allem drei Beobachtungen.
- Trump gewinnt in vielen republikanisch dominierten Staaten wie Alabama, Tennessee, Arkansas und Georgia. Südstaaten, auf die eigentlich Mitbewerber Ted Cruz seine „Southern Strategy“ aufgebaut hatte, teilweise mit über 20 Prozentpunkten Vorsprung.
- Trump gewinnt überall: Im Nordosten (Massachusetts, New Hampshire) und Westen (Nevada) genauso wie im Süden. Selbst im Swing-State Virginia, in dem große Teile des Partei-Establishments zu Hause sind, siegte er knapp vor Senator Marco Rubio – eine schallende Ohrfeige für den Washingtoner Politikbetrieb.
- Trump gewinnt in allen demographischen Gruppen, bei den Älteren stärker als bei den Jüngeren, bei den Ärmeren stärker als bei den Reicheren und bei den Weißen deutlich stärker als bei Latinos oder Schwarzen. Und dennoch: Es gibt kaum ein Wählersegment, das er mit seiner Art, die Dinge fernab jeder Political Correctness beim Namen zu nennen, nicht anspricht.
Dem texanischen Senator Ted Cruz gelangen Pflichtsiege: Er gewann seinen Heimatsstaat Texas und den Nachbarstaat Oklahoma. Dazu konnte er noch die Caucus-Wähler im relativ unbedeutenden Alaska überzeugen; ob trotz oder gerade wegen der Unterstützung Trumps durch die dortige frühere Gouverneurin Sarah Palin, bleibt Gegenstand für Spekulationen.
Bitterer Abend für Rubio
Hätte er in Texas verloren, wäre das Rennen für ihn vorbei gewesen. Dort hatte er die Unterstützung von Gouverneur Gregory Abbott und dem früheren Gouverneur Rick Perry. Allerdings verpaßte er deutlich die Fünfzig-Prozent-Marke, deren Erreichen ihm alle 155 Delegierten in dem Staat gesichert hätte.
Einen noch bittereren Abend erwischte Marco Rubio. Minnesota war der erste Staat, den er überhaupt gewinnen konnte. Ein starker zweiter Platz in Virginia ist dann schon fast alles, was er vorweisen kann. In Texas, dem großen Preis des Abends, kam er nicht über 20 Prozent – die Sperrklausel, um überhaupt Delegierte zu bekommen.
Das große Problem der Republikaner ist nach dem Super Tuesday dasselbe wie davor. Es gibt keine klare Nummer zwei, die Trump gefährlich werden könnte. Der profitiert somit weiterhin von einer zersplitterten konservativen Wählerschaft. Daran wird sich auch bis zum 15. März wohl nichts ändern – trotz zehn Vorwahlen, die bis dahin noch stattfinden. An diesem Tag beginnen die „Winner-takes-all“-Primaries der Republikaner.
Republikanischer Parteiapparat in der Defensive
Die drei wichtigen Rennen sind dann in Florida, Ohio und North Carolina. In allen drei Staaten führt in den Umfragen derzeit Trump. Immer lauter werden daher die Appelle von Konservativen und Teilen des Establishments an wahlweise Rubio oder Cruz, aus dem Rennen auszuscheiden und als „Latino-Ticket“ gemeinsam anzutreten.
Ein Vorschlag, der nicht nur daran scheitern dürfte, daß beide Kandidaten jeweils glauben, gegen Trump die besseren Chancen zu haben, sondern auch daran, daß das Establishment Rubio und Konservative eher Cruz als ihren Kandidaten sehen. Mehr noch: Weite Teile des Parteiapparats hassen Cruz sogar noch mehr als Trump. Mit letzterem glauben sie, zumindest verhandeln zu können, anders als mit dem prinzipienfesten konservativen Sohn eines kubanischen Einwanderers, der als Verfassungspurist gilt und sich damit seit 2013 im Senat kaum Freunde gemacht hat.
Wie Cruz mit Texas am Super Tuesday, hat Rubio, ebenfalls Sohn kubanischer Migranten, seinen „Must-win“-Staat am 15. März. Verliert er in Florida, kann er das Weiße Haus abhaken. Der noch im Rennen verbliebene Gouverneur von Ohio, John Kasich, schielt auf einen Sieg in seinem Heimatstaat und damit möglicherweise auf die Vizepräsidentschaft. Umfragen deuten an, daß er dort zumindest konkurrenzfähig sein wird.
Bei den Demokraten wird Clinton siegen
Mehr Klarheit hat der Super Tuesday hingegen bei den Demokraten gebracht. Hier kann man Hillary Clinton getrost zur Nominierung gratulieren. Sie gewann mit Ausnahme von Oklahoma den gesamten Süden teilweise mit haushohem Vorsprung. Den einzig überzeugenden seiner insgesamt vier Siege konnte ihr Gegenkandidat, der selbsterklärte Sozialist Bernie Sanders, in seinem Heimatstaat Vermont erzielen.
Allein aufgrund der für das Nominierungsverfahren der Demokraten entscheidenden Superdelegierten hatte Clinton stets einen deutlichen Vorsprung vor Sanders. Der konnte nur darauf hoffen, daß er durch überzeugende Siege in möglichst vielen Staaten die Superdelegierten schrittweise auf seine Seite ziehen kann, wie dies Barack Obama 2008 gelang. Diese Strategie ist gestern nacht krachend in sich zusammengebrochen. 1.001 Delegierte unterstützen derzeit die frühere Außenministerin, 371 den 74jährigen Senator aus Vermont. 2.383 sind für die Nominierung notwendig.
Für die Wahlen im November rückt damit ein Zweikampf Trump gegen Clinton in greifbare Nähe. Für beide ist der jeweils andere der Traumgegner. In der Tat deuten Umfragen darauf hin, daß Trump, anders als Cruz oder Rubio, deutlich gegen Clinton verlieren würde. Trump hingegen hofft, daß sich der E-Mail-Skandal um Clinton weiter zuspitzt und das FBI noch vor November eine Anklageerhebung gegen sie empfiehlt.
Das Momentum ist klar auf Trumps Seite
Trumps Aussichten, das zeigen die Vorwahlen, sind so schlecht nicht. Er spricht eine Wählerklientel an, die die Republikaner seit Ronald Reagans Erdrutschsieg 1984 nicht mehr gewinnen konnten: die weiße Unterschicht, die sogenannten „Reagan Democrats“, die frustriert über die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland und den Konkurrenzdruck durch illegale Einwanderer aus Mexiko sind.
Es läßt sich derzeit nicht abschätzen, wie viele Republikaner dem Ruf von Ben Sasse, Senator aus Nebraska, folgen werden und auch in einem Duell gegen Clinton Trump die Stimme verweigern würden. Die Erfahrung zeigt, daß angesichts der Zwei-Parteien-Dynamik die Parteien doch hinter dem jeweiligen Gewinner die Reihen schließen werden. Selbst wenn es sich – wie bei Trump – um jemanden handelt, der mehrfach seine Positionen in für Konservative so wichtigen Fragen wie Abtreibung, Gesundheitsreform und Waffenbesitz gewechselt hat.
Ist Trump noch zu stoppen? Ein oberflächlicher Blick allein auf die Anzahl der gewonnenen Delegierten legt die Antwort „ja“ nahe. 1.237 Delegierte sind notwendig, um sich die Nominierung zu sichern. Trump kommt nach dem „Super Tuesday“ auf 302, Cruz auf 174 und Rubio auf 104. Aber das Momentum ist klar auf Trumps Seite. Wären die ersten 15 Primaries bereits Winner-takes-all-Staaten gewesen, wäre Trump die Kandidatur schon jetzt nicht mehr zu nehmen. Gewinnt Trump North Carolina, Florida und Ohio, ist er der Bewerber der Republikaner um die Nachfolge Obamas.