Modeanglizismen haben ihren Preis. Nein, damit ist nicht gemeint, daß Denglisch auf Kosten der deutschen Sprache geht. Das stimmt natürlich auch. Vielmehr ist die überwältigende Auszeichnung gemeint, die den Namen „Anglizismus des Jahres“ trägt. Der Berliner Englischprofessor Anatol Stefanowitsch hat sie vor ein paar Jahren ins Leben gerufen.
Der „Anglizismus des Jahres“ 2013 ist wahrscheinlich recht bekannt. Jüngst befand er sich sogar auf der Titelseite der JUNGEN FREIHEIT, um den taz-Skandal zu brandmarken: „-gate“. Nun hat Stefanowitsch für 2015 ein Wort ausgewählt, das seiner politischen Neigung – er steht Linkspartei und Piraten nahe – besser entspricht: „Refugees welcome“. Damit ergänzt er das Wort des Jahres „Flüchtlinge“ durch seine denglische Variante.
Entwicklung durch Beeinflussung
Stefanowitsch begründet beschwingt: „Dass aber die Sprachgemeinschaft von sich aus einen solchen Slogan entdeckt und übernimmt, ist selten. Mit Refugees Welcome überwand die deutsche Sprachgemeinschaft einerseits die unmittelbare Sprachbarriere zu den Flüchtlingen und signalisierte andererseits fast nebenbei Weltoffenheit.“
An dieser Begründung ist so ziemlich alles falsch. Die Sprachgemeinschaft hat nicht „von sich aus“ diesen Spruch entdeckt. Dieser Aussage liegt die von Sprachwissenschaftlern gern geglaubte Hypothes zugrunde, Sprache entwickle sich „von sich aus“. Dagegen sollten Sprachfreunde nicht müde werden zu betonen, daß Sprachentwicklung aus Sprachbeeinflussung entsteht; und daß nicht jedes Mitglied dieselbe Chance hat, die Sprache zu beeinflussen.
Es gibt Gruppen und Medien, die versuchen, bestimmte Ausdrücke in Umlauf zu bringen, um damit Politik zu machen. Im Fall von „Refugees welcome“ sind das antifaschistische Gruppen, die den Spruch aus den Vereinigten Staaten importierten. Zu den Medien, die den Ausdruck der breiten Bevölkerung schmackhaft zu machen versuchten, gehört allen voran die Bild-Zeitung. Ihre Kampagne „Wir helfen – #refugeeswelcome“ setzte den Anglizismus in den Köpfen fest – auch mit Hilfe der Bundesliga.
Problematische Wörterwahlen
Stefanowitsch will offensichtlich aus politischen Gründen mit seiner eigenen Aktion den Anglizismus weiter etablieren. Das ist die grundsätzliche Schwierigkeit von Wörterwahlen: Man kürt vordergründig Wörter, will damit aber in Wirklichkeit eine bestimmte Haltung fördern. Ähnlich verhält es sich – unter umgekehrten Vorzeichen – bei der Wahl des Unworts. Für 2015 wurde es der „Gutmensch“. Dieses Wort soll nicht mehr verwendet werden, um dem politischen Gegner eine Waffe aus der Hand zu schlagen, welche die Doppelmoral scheinbarer Menschenfreunde sichtbar macht.
Falsch ist außerdem die Aussage, der Anglizismus „Refugees welcome“ habe „die unmittelbare Sprachbarriere zu den Flüchtlingen“ überwunden. Erstens kamen die Einwanderer nicht aus dem englischen Sprachraum, zweitens lassen deren Englischkenntnisse sehr zu wünschen übrig, sofern sie überhaupt vorhanden sind. Das werden viele Leiter von Deutschkursen für Asylbewerber bestätigen.
Schließlich ist es barer Unsinn, daß „Refugees welcome“ Weltoffenheit demonstriere. Weltoffenheit bedeutet, aufgeschlossen für andere Kulturen zu sein. Ein Welteinheitsbrei mit einer Welteinheitssprache Globisch trägt hingegen zur Abschaffung der Kulturen bei. Bleibt abzuwarten, wann die Junge Freiheit mit dem Anglizismus des Jahres 2015 titelt …