BRÜSSEL. Die EU-Kommission verzögert die Veröffentlichung eines kritischen Berichts zur Menschenrechtslage in der Türkei. Die Vorlage des Dokuments sei wegen der anstehenden Parlamentswahlen bereits wiederholt verschoben worden, berichtet die Welt am Sonntag.
Der Bericht dokumentiert die Entwicklung des Landes bei der Erfüllung von EU-Beitrittskriterien. Darin werden der Türkei Defizite und Rückschritte bei den Menschenrechten und der Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen. Die Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei waren 2005 unter dem damaligen Premierminister und heutigen Präsidenten Erdoğan begonnen worden.
Kritik an Einschränkungen der Meinungsfreiheit
In dem Text wird der Umgang mit Grundrechten wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie die Politik gegenüber der kurdischen Minderheit kritisiert. Die Meinungsfreiheit werde „häufig in Frage gestellt durch parteiische und restriktive Interpretation der Gesetzgebung, politischen Druck, Kündigungen und häufige gerichtliche Klagen gegen Medienvertreter“, heißt es in dem Bericht.
Zudem sind nach Angaben der OSZE in der Türkei mehr als 20 Journalisten inhaftiert. Auch die Versammlungsfreiheit werde vor allem durch übermäßige Polizeigewalt und deren mangelhafte juristische Verfolgung eingeschränkt, bemängelt der Bericht weiter.
„Dramatische Verschlechterung“ der Sicherheitslage
Mit Blick auf die wiederaufgeflammten Kämpfe zwischen dem türkischen Militär und militanten Anhängern der kurdischen Arbeiterpartei PKK warnt die EU-Kommission vor einer „dramatisch verschlechterten Sicherheitslage“. Dies sei vor allem auf die Gewaltausübung gegen die legale prokurdische Partei HDP zurückzuführen.
Die Europäische Union ist in der Flüchtlingskrise auf die Unterstützung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan angewiesen. Das südosteuropäische Land ist eines der Haupttransitländer für Asylsuchende. (fl)