BERLIN. Zahlreiche Unionspolitiker haben sich dafür ausgesprochen, Asylsuchenden vom Balkan das Taschengeld zu kürzen. „Die Zuwendungen für diese Gruppe sind eine Zumutung für die deutschen Steuerzahler“, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der Welt. Bisher erhalten alle Asylbewerber zusätzlich zu kostenloser Unterkunft und Kleidung sowie Gratis-Essen auch 143 Euro Taschengeld im Monat.
„Wir müssen uns fragen, ob sich der deutsche Sozialstaat die jetzige Großzügigkeit noch leisten kann“, betonte der CSU-Politiker. Statt Bargeld sollten Asylbewerber aus den Balkanstaaten Sachleistungen erhalten. Zuvor hatte bereits Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) angeregt, besser auf Gutscheine statt Geldleistungen zu setzen.
Kritik von der Linkspartei
Unterstützung kommt auch vom Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt. „Wir müssen das Sachleistungsprinzip bei ihnen so konsequent wie möglich anwenden“, sagte Schmidt der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Das Taschengeld sei ein Anreiz für viele Asylsuchende vom Balkan, nach Deutschland zu kommen. „Viele, die ausreisten, kamen nach kurzer Zeit wieder. Denn mit dem Geld von einem drei- oder viermonatigen Aufenthalt in Deutschland ließ sich das Leben im Herkunftsland neun oder zehn Monate lang bestreiten.“
Der nordrhein-westfälische CDU-Landeschef Armin Laschet sagte, mit solchen Änderungen könnte die Zahl der Asylbewerber sinken, deren Anträge „offensichtlich unbegründet“ seien. Nur Personen „mit guter Bleibeperspektive“ sollten Geld erhalten. Scharfe Kritik kam vom Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, Gregor Gysi. Durch Leistungskürzungen könne der Asylbewerberzustrom nicht gebremst werden. Zudem sei es verfassungswidrig, wenn einige Personen Geld und andere Sachleistungen erhielten. „Da wird das Bundesverfassungsgericht immer sagen: Vor dem Gesetz sind alle gleich“, mahnte Gysi gegenüber dem Deutschlandfunk.
Merkel schaltet sich in Debatte ein
Unterdessen sprach sich auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier für schnellere Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern aus. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schaltete sich in die Debatte ein. „Wir können nicht jedem, der glaubt, daß hier wirtschaftlich die Dinge besser laufen, daß man eine Chance auf einen Arbeitsplatz hat, Asyl gewähren.“ Das Dublin-Abkommen, wonach Asylbewerber in dem Mitgliedsstaat bleiben müssen, in den sie als erstes eingereist waren, gelte faktisch nicht mehr. Das Asylthema werde Deutschland „sehr, sehr viel mehr noch beschäftigen als die Frage (nach) Griechenland und die Stabilität des Euro“.
Bis Ende Juni gab es in Deutschland etwa 190.000 Asylanträge. 80.000 kamen von Personen aus dem Westbalkan. (ho)