Claudia Roth, frisch von Horst Seehofer (CSU) mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet, sitzt mit ihrem Lebensgefährten im Bordbistro eines ICE. Plötzlich wird die Grünen-Politikerin von Bier trinkenden rechten Fußballfans erkannt und sofort angepöbelt.
„Wir wollen keine grünen Kommunisten hier. Verpiß dich. Hau ab aus diesem Wagen.“ Schließlich fordern die Chaoten Claudia Roth auf, den Speisewagen zu verlassen. Die Mitreisenden im Wagen werden aufgefordert, abzustimmen, ob die grüne Spitzenpolitikerin bleiben darf. Wer dafür sei, solle den Arm heben. Niemand hebt den Arm.
Ein etablierter Politiker oder Journalist, der das Verhalten der pöbelnden Fußballfans danach öffentlich begrüßt hätte, wäre augenblicklich beruflich erledigt gewesen. Doch es war nicht Claudia Roth, sondern AfD-Bundessprecher Bernd Lucke, der im ICE von Berlin nach Köln von linken FC-Köln-Fans bedrängt und angepöbelt wurde. „Wir wollen keine Nazis hier!“
Unverhohlene Freude von Politiker der Linken und der SPD
Und: „Für die Politik, die du machst, mußt du dir das auch gefallen lassen.“ Erst herbeigerufene Polizei ermöglicht Lucke und seiner Frau die geschützte Weiterfahrt. Mit moralischer Verurteilung müssen die in Überzahl agierenden Chaoten nicht rechnen. Viele Zeitungen meldeten den Zwischenfall süffisant und ohne kritische Kommentierung. Die Internetseite des Fernsehsenders Eurosport läßt seine Besucher gar darüber abstimmen, ob die Bedrohung des AfD-Politikers eine „gelungene Aktion“ war.
Unverhohlene Freude artikulierten indes Politiker der Linken und der SPD und ernten hierfür Zustimmung von Parteifreunden. Sascha Vogt, SPD-Bundesvorstandsmitglied und ehemaliger Juso-Vorsitzender, twitterte begeistert die Meldung über die Attacke gegen Lucke: „Heute mag ich den FC gleich doppelt.“ Der Bundestagsabgeordnete der Linken Niema Movassat erklärte, es sei eine „verständliche Aktion“ gewesen und: „Danke für den Mut!“ Konsequenzen fürchten müssen die beiden seitens ihrer Parteiführung nicht.
„Zivilcourage“ wird politisch instrumentalisiert
Vor wenigen Tagen meinte ein linksliberaler Journalist zu mir, ob ich nicht larmoyant übertreibe, wenn ich davon spreche, daß Konservative in Deutschland nicht fair und gleichberechtigt am öffentlichen Diskurs teilnehmen könnten. Zensur gebe es doch gar nicht. Jeder könne doch frei seine Meinung sagen, müsse nur damit leben, daß er gelegentlich Widerworte erhalte.
Vielleicht erscheint manchem der Zwischenfall mit Lucke im ICE-Bordbistro lächerlich. Er wurde ja nicht einmal verletzt. Das Beispiel zeigt jedoch, wie einseitig und politisch instrumentell „Zivilcourage“ im öffentlichen Raum gedeutet wird. Es ist nicht nur klammheimliche Freude von Instinktlosen, sondern das Schweigen der öffentlichen Mehrheit, das zum sozialen Ausschluß führt.
JF 18/15