Bestrafe einen, erziehe hundert. Frei nach diesem Zitat des einstigen chinesischen Kommunistenführers Mao dürfte der thüringische CDU-Fraktionschef Mike Mohring der politischen Linie von Angela Merkel zum Opfer gefallen sein. Mohring hatte sich gegenüber Gesprächen der AfD bezüglich eines eventuellen gemeinsamen Kandidaten für die Wahl zum thüringischen Ministerpräsidenten offen gezeigt, um zu verhindern, daß mit Bodo Ramelow die Linkspartei den Regierungschef des Landes stellt. Nun folgte die Reaktion des Parteitages. Mit dem zweitschlechtesten Stimmenergebnis wurde der 42jährige aus dem Bundesvorstand herausgewählt.
Die Botschaft an die CDU-Mitglieder: Wer sich mit der AfD einläßt, muß damit rechnen, seinen Posten zu verlieren. Zwar betonte die Kanzlerin auf dem Kölner CDU-Parteitag, daß die FDP noch nicht abzuschreiben sei. Sie weiß jedoch: Durch ihre Anti-AfD-Doktrin bleiben der Union gegenwärtig nur Koalitionsoptionen mit linken Parteien. Sie selbst hat jetzt deutlicher als je zuvor durchblicken lassen, daß sie eine Partnerschaft mit den Grünen anstrebt.
Beinahe-Debakel für Frauenquote
Ein Vorhaben, daß nur schwer mit dem ebenfalls auf dem Kölner Parteitag verabschiedeten Antrag des CDU-Bundesvorstands in Einklang zu bringen ist, wonach die CDU „an der Seite von Polizei und Justiz ebenso wie der anderen Sicherheitsbehörden“ stehe. Denn: Immer wieder rufen die Grünen zu Protesten auf, bei denen regelmäßig Polizisten verletzt werden.
Mike Mohring dürfte seine Wahlniederlage verschmerzen können, wenn er wie geplant am kommenden Wochenende zum neuen Landesvorsitzenden der CDU Thüringens gewählt werden sollte. Ob er den Mut aufbringt, trotzdem gemeinsam mit der AfD gegen die rot-rot-grüne Erfurter Koalition Oppositionsarbeit zu betreiben, bleibt abzuwarten.
Auch eine andere Doktrin der Kanzlerin bleibt unangetastet. Die von Merkel stark vorangetriebene Frauenquote hätte bei der Wahl des neuen CDU-Präsidiums fast ein Debakel erlebt. Zwar hat die Union in ihrer Satzung noch keine Quote für Frauen verankert. Ein sogenanntes Quorum sorgt jedoch regelmäßig für gute Wahlergebnisse weiblicher Kandidaten. Der Grund: Werden bei einer Wahl nicht mindestens ein Drittel Frauen gewählt, so gilt der Wahlgang als ungültig und muß wiederholt werden. Erst wenn in einem zweiten Wahlgang erneut das Frauendrittel verfehlt wird, zählt das Ergebnis. Mit anderen Worten: Paßt das Ergebnis nicht, wird eben noch einmal zur Wahlurne gebeten.
Delegierten entschieden anders
Genau das war bei der Präsidiumswahl erforderlich, nachdem die Gesundheitsstaatssekretärin Emine Demirbüken-Wegner nicht gewählt wurde. Gut möglich, daß die gebürtige Türkin auch nach der zweiten Stimmenauszählung nicht den Sprung in das Gremium geschafft hätte.
Demirbüken-Wegner gilt als Befürworterin eines Türkei-Beitritts zur EU und spricht sich zudem für islamischen Religionsunterricht aus. Die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hatte sich 2008 von Aussagen der 53jährigen distanziert, nachdem sie sich gegen die Abschiebung ausländischer Straftäter ausgesprochen und eine Verschärfung des Jugendstrafrechts kritisiert hatte. Die 1999 von der CDU durchgeführte Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft hatte sie als „integrationsfeindlich“ bezeichnet.
Zuvor war spekuliert worden, ob Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe oder der von der Jungen Union (JU) und der Mittelstandsvereinigung (MIT) unterstützte Jens Spahn bei der Wahl das Nachsehen hätten. Die Delegierten entschieden sich anders, wählten beide in das Gremium rein und Demirbüken-Wegner raus.
Für die Quotenbefürworter eine schallende Ohrfeige. Um zu verhindern, daß die Delegierten auf das Quorum pfeifen, zog der enge Merkel-Vertraute und siebtplazierte Gröhe seine Bewerbung zurück. Das Frauenquorum sei wichtig, lautete seine Begründung.