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Ostdeutschland: Auf dem Weg zur Fußnote deutscher Geschichte

Ostdeutschland: Auf dem Weg zur Fußnote deutscher Geschichte

Ostdeutschland: Auf dem Weg zur Fußnote deutscher Geschichte

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Ostdeutschland
 

Auf dem Weg zur Fußnote deutscher Geschichte

Ostpreußen, Pommern oder Schlesien sind für die meisten Deutschen Lichtjahre entfernt: Aus Medien und etablierter Geschichtswissenschaft kommen inzwischen zweifelhafte Vorschläge zur Rettung der „kulturellen Substanz“ Ostdeutschlands.
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Es geht um die (Tee-)Wurst: Bleibt nur noch die „Rügenwalder“, wenn Ostdeutschland zur memorialen Fußnote degradiert wurde? Foto: Visiomedia

Auch Günter Grass, der „oberlehrerhafte Klugscheißer“ (Willy Brandt), hat mitunter lichte Momente. So 2002 in Halle, als er ein wenig völkerrechtliche Exegese trieb und feststellte, daß „in keinem Potsdamer Abkommen“ stehe, mit der Annexion Ostdeutschlands müsse man auch dessen „kulturelle Substanz“ preisgeben.

Genau diese Preisgabe, so der pensionierte Oberschulrat Karlheinz Lau, vollziehe sich aber derzeit und drohe mit dem Tod der letzten Angehörigen der ostdeutschen  Erlebnisgeneration in naher Zukunft zum Abschluß zu kommen (Deutschland-Archiv, 2/2010).

Innerhalb der Vertriebenenverbände sei auf eine Weitergabe der Erinnerung nicht zu rechnen: die „Nachwuchsarbeit der großen Landsmannschaften“ dürfe als „nahezu bedeutungslos“ eingestuft werden. Für eine solche kollektive Amnesie scheinen die Weichen allerdings seit langem gestellt.

Untergang einer deutschen Kulturlandschaft

Bereits 1984 empfand der Althistoriker Alfred Heuß, der in Breslau und Königsberg gelehrt hatte, die Bundesdeutschen dächten an Ostpreußen, Pommern und Schlesien so schattenhaft zurück wie die Franzosen an ihr fernes verlorenes Indochina.

Zwanzig Jahre später fiel auch Karl Schlögel (Frankfurt/Oder) auf, wie eigentümlich folgenlos die „säkulare Zäsur“ des Untergangs einer fast tausendjährigen deutschen Kulturlandschaft nach 1945  geblieben ist. Schlögel glaubte daher, das Absinken Ostdeutschlands zu einer „Fußnote“ unseres historischen Gedächtnisses beobachten zu können.

Auch Lau weiß genügend Symptome  aufzuzählen, die darauf hindeuten, Ostdeutschland zur memorialen Fußnote zu degradieren. Dazu gehört für ihn allerdings nicht die obstinate Erinnerungsverweigerung der politischen Klasse, wie sie nicht erst in zahlreichen Versuchen zutage trat, das Zentrum gegen Vertreibungen zu sabotieren.

Vertreibung samt Landraub als „gerechte Strafe“ deuten

Lau verschweigt diese Obstruktion wie auch die beharrliche polonophile Desinformationspolitik der Medien und der etablierten Geschichtswissenschaft, weil er als Mitglied der deutsch-polnischen Schulbuchkommission selbst an dieser offiziösen Erinnerungsentsorgung beteiligt ist.

Von welchen Prämissen er dabei ausgeht, ergibt sich aus freudigen Bekenntissen zu den Dogmen „Tätervolk“, „deutsche Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg“ sowie „Flucht und Vertreibung“ samt Landraub als vermeintlich „gerechte Strafe“ für „unsagbare Verbrechen am Nachbarvolk Polen“.

Wer an diesen nach 1990 nahezu unbeschädigt aus dem Reservoir der SED-Geschichtsklitterungen geretteten Weisheiten, die Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) soeben noch einmal ganzseitig in der Welt vom 17. Mai in stumpfsinniger Ignoranz herunterbetet („Ohne Hitlers Rassismus keine Vertreibungen“), zweifelt, den rechnet Spaßvogel Lau unter die „Betonköpfe“.

Mantra vom „Tätervolk“

Entsprechend skeptisch registriert man seine auf so schwankendem Boden fabrizierten Vorschläge, wie der drohende Geschichtstod Ostdeutschlands doch noch abzuwenden sei. Lau hofft dabei etwa auf ein vor der Drucklegung  stehendes „Deutsch-polnisches Schulbuch“, das angeblich „ohne ideologische Scheuklappen“ gemacht werde – wobei er das Mantra vom „Tätervolk“ offenbar für „unideologisch“ hält. >>

Ferner seien da „Bürgerinitiativen“ wie die polnische Borussia in Allenstein oder die Träger des Hauses Brandenburg in Fürstenwalde, die die „sinnstiftende“ Erinnerungsaufgabe nach dem Verschwinden der Erlebnisgeneration fortsetzen könnten. „Erfolgreich“ kann dies aus Laus Blickwinkel jedoch nur geschehen, wenn sie die bundesdeutsch-polnische Vorgabe von alleiniger deutscher „Schuld und Verantwortung am Verlust der Ostgebiete“ als Arbeitsmaxime verinnerlichten.

Für erforderlich hält Lau zudem eine „Anpassung“ des Bundesvertriebenengesetzes in dem Sinne, daß auch die nunmehr 60jährige Geschichte „Westpolens“ für die ostdeutsche Erinnerungspflege verbindlich sein solle. Und wenn man schon beim „Anpassen“ sei, so könnte die Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung der CDU ihren Beitrag gewiß effizienter leisten, wenn „ihr Name überdacht“ würde.

„Internationaliät“ garantiert

Eingetrübt zeigt sich Laus Optimismus nur durch die herkulische Aufgabe, „jungen Deutschen mit Migrationshintergrund“ die „Bedeutung des ehemaligen deutschen Ostens, des Holocaust oder der Vertreibung der Deutschen“ zu vermitteln. Wie könne ein „Kind türkischer Eltern“ dies als „Teil deutscher Identität“ akzeptieren?

Im Bemühen, auf der Basis von Laus und Thierses „Rettungs“-Phantasmen voranzukommen, will das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität dem weiterhin als „Vertriebenenprojekt“ an Erika Steinbachs langer Leine diffamierten Unterfangen im Berliner Deutschlandhaus den Schneid abkaufen.

Vor einem Monat jubelte Die Zeit vom 13. April: Während das Zentrum gegen Vertreibungen von einer Krise in die nächste taumle, „arbeitet das Netzwerk“. In Warschau domizilierend, von dem aufdringlich polonophilen  Matthias Weber und Andrzej Przewoznik geleitet, sei dort „Internationaliät“ garantiert, während sie in Berlin, wo es natürlich gar nicht um „Versöhnung mit Polen“ gehe, nur „Camouflage“ sei.

Warschauer Lesart des ostdeutschen Ethnozids

Im witzigen Rückgriff auf einen illusionären Objektivismus des 19. Jahrhunderts glaubt man in der Zeit allen Ernstes, Leute wie Weber und sein polnischer Kopilot seien politisch neutral und nur der historischen „Wahrheit“ verpflichtet. Genau deswegen war es ihnen vermutlich ein Herzensanliegen, die „Vertreibung“ nicht etwa der Sudetendeutschen, sondern der 1919/20 nach Eger oder Reichenberg versetzten tschechischen Beamten und Funktionäre untersuchen zu lassen.

Und darum sollen mit Geldern des Netzwerkes bald vermeintliche Standardwerke anglo-jüdischer Autoren wie Joseph B. Schechtman oder Eugene Kulischer ins Deutsche, Polnische und Tschechische übersetzt werden, die gewiß der „Versöhnung“ dienen, weil sie die Prager und Warschauer Lesart des ostdeutschen Ethnozids kolportieren.

Mit der „Revision der Schulbücher“, auf die Lau ja schon die größten Erwartungen setzt, soll dann forciert fortgefahren werden, wie überhaupt – so tönt Worthülsen und SED-Vokabular nicht scheuend Markus Meckel (SPD), wie Thierse ein ewiger Mitläufer – die „Jugendarbeit“ des  Netzwerkes der beste Garant dafür sei, im „europäischen Dialog“ die Ursachen der „Umsiedlungen“ (der Deutschen?) und von „Flucht und Vertreibung“ (der Polen und Tschechen!) zu ergründen.

JF 22/10

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